„Denn der Ewige, dein G’tt, bringt dich“, heißt es im Dritten Buch Moses, in „ein Land mit Weizen und Gerste, mit Wein, Feigen und Granatäpfeln, in ein Land mit Oliven und Dattelhonig“. Dass es Olivenbäume sind, die erwähnt werden, ist keineswegs unwichtig. Durch die Geschichte des Judentums ist nämlich gerade dieser Baum wichtig gewesen und wichtig geworden. David wie Salomo förderten entschieden seinen Anbau. Als Noah nach der Sintflut eine Taube losfliegen ließ, kehrte diese zurück, einen Ölzweig im Schnabel, und jetzt, aha!, „wusste Noah, dass nur noch wenig Wasser auf der Erde stand“.

Mit Oliven zuzüglich die sechs Arten des Eingangszitats wird zu Tu biSchevat der Tisch eingedeckt. Es ist jener Feiertag, der als Fest der Natur und der Bäume, der Aufforstung und der Begrünung Israels gilt.

„Der Jüdische Garten ist ein Buch und besteht
aus Worten, eine imaginäre Landschaft aus
Literatur … aus unterschiedlichen Sprachräumen, Epochen
und Kulturen der jüdischen Diaspora. Ein Bestimmungsbuch für
eine unbestimmbare jüdische Identität. “

Dass es in Yad Vashem den „Garten der Gerechten unter den Völkern“ gibt, liegt auf der Hand. Lipa Yahalom und Dan Tsur gestalteten etwas Paradoxes: etwas Konstruiertes, das natürlich anmutet, Mauern, die offene Räume erschaffen. Dies ist erst recht paradox, wenn man an ein Bonmot Heinrich Heines denkt, des ewigen Großstadtbewohners, der am Ende seines Lebens ans Bett gefesselt war. Der romantische Antiromantiker spöttelte einmal, für Juden sei der Garten Eden – nein: kein Garten, sondern ein Buch.

So ist es denn mehr als passend, wenn zum im Oktober 2021 eröffneten „Jüdischen Garten“, einer 2.000 Quadratmeter großen Sektion innerhalb der „Gärten der Welt“ in Berlin-Marzahn, nun ein Lesebuch vorliegt. Das, grafisch einfallsreich-innovativ gestaltet, ganz in Grün gehalten ist.

Ein jüdischer Garten. Angelegt von Itamar Gov, Hila Peleg und Eran Schaerf. Hanser 2022, 304 S., € 28,80

Es ist ein aufregender Leseparcours durch sechs Jahrhunderte Literatur und Poesie, quer durchs Alphabet. Von A wie Akazie über Efeu, Knoblauch und Nuss zu Zedrach, Zirbelkiefer und Zypresse. Auszüge von Gertrude Stein über Abraham Sutzkever zu unter anderem Isaak Babel, Natalia Ginzburg, Moses Bin Esra, Immanuel Romano oder Clarice Lispector. In Hebräisch, Polnisch, Rumänisch, Französisch und Englisch plus deutsche Übersetzung.

Inzwischen will man Publikationen des Hauses der Kulturen der Welt (HKW) zu Berlin zögernd nur zur Hand nehmen. Seitdem jüngst dieser Veranstaltungsort palästinensische Aktivisten bedenkenfrei antisemitische antizionistische Hetze austrompeten ließ. In Ein jüdischer Garten, Teil des HKW-Projekts Das Neue Alphabet, sollte man das verquollen verdrießende Vorwort überblättern, um sich danach lesend in der Natur zu ergehen, in jüdischen Gärten.

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