Der Budapester Ökonom László Akar zu den Folgen der unorthodoxen Wirtschaftspolitik der ungarischen Regierung und über mögliche Szenarien nach der Wahl. Interview und Foto: Reinhard Engel
wina: Herr Akar, zur gegenwärtigen Lage der ungarischen Wirtschaft gibt es zwei entgegengesetzte Sichtweisen. Die Opposition sagt, die Regierung habe das Wachstum gebremst und Ungarn gegenüber anderen Ländern der Region zurückfallen lassen. Die Regierung verweist auf einen Aufschwung und rühmt sich, für die Bevölkerung bedeutende Erleichterungen erreicht zu haben, etwa günstigere Strom- und Heizkosten. Was stimmt?
László Akar: Man kann nicht leugnen, dass sich die Zahlen verbessern. Aber zugleich können wir keinen wirklichen Aufschwung der ungarischen Wirtschaft erkennen. Die wichtigste Zahl ist das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP), im letzten Jahr 1,2 Prozent. Aber dieses Wachstum kam vor allem aus der Landwirtschaft.
Es gab eine außerordentlich gute Ernte.
Es gab gute Bedingungen, eine sehr gute Ernte. Wenn man das herausrechnet, bleibt kaum Wachstum übrig. Verglichen mit 2011 war das BIP im Vorjahr sogar niedriger. Und wenn man aufs Jahr 2010 zurückgeht, dann betrug das gesamte Wachstum der drei Jahre gerade einmal ein Prozent, viel weniger als Fidesz-Politiker im damaligen Wahlkampf versprochen hatten. Sie hatten damals von drei bis vier Prozent Wachstum gesprochen – pro Jahr.
Ungarn ist keine Insel. Wie vergleicht sich diese Entwicklung mit den Nachbarländern Mittelosteuropas?
Wir sind nicht die Schlechtesten in der Region, denn Slowenien ist durch seine Banken in eine gewaltige Krise gerutscht, und wir liegen vielleicht ein klein wenig besser als die Tschechische Republik. Aber im Vergleich mit den übrigen Ländern, etwa Polen und der Slowakei, schneiden wir schlechter ab.
Was waren die Gründe dafür? Internationale Entwicklungen oder auch hausgemachte Fehler?
Die Haupterklärung dafür ist das schlechte Investitionsklima für Private. Die staatlichen Investitionen sind hingegen deutlich gestiegen.
Mit Hilfe von EU-Fonds.