Er beschäftigt sich mit Initiativen gegen Radikalisierung, Unterdrückung im Namen der Ehre und Antisemitismus in der muslimischen Community. Mit Ahmad Mansour sprach Itamar Treves-Tchelet.
wina: Herr Mansour, Sie sind Experte zum Thema Radikalisierung bei muslimischen Jugendlichen im deutschsprachigen Raum. Können Sie beschreiben, ob und welche Reflexionsprozesse in der muslimischen Glaubensgemeinschaft stattfinden, insbesondere nach diesem besorgniserregenden Sommer für die Juden Europas?
Ahmad Mansour: Da passiert eigentlich nichts. Die Menschen haben nicht zusammengesessen, um darüber zu diskutieren, was man in Zukunft verändern kann. Was in Europa geschah ist erschreckend: Dass man so selbstsicher geworden ist, einfach „Jude, Jude, feiges Schwein“ auszurufen, ist ein Alarmsignal. Ich sehe aber keine Bereitschaft, besonders bei den muslimischen Verbänden, es pädagogisch zu bearbeiten.
Natürlich verstehe ich, dass Menschen gegen den Krieg auf der Straße protestieren wollen. Aber die meisten gingen nicht hin, um sich mit den Palästinensern zu solidarisieren. Diese Menschen waren da, um Hamas zu unterstützen. Sie haben einfach ein Weltbild, in dem Juden immer die Täter und Palästinenser immer die Opfer sind. Es war viel leichter, die Menschen gegen Israel zu mobilisieren als gegen ISIS.