Leise Zwischenräume

Die israelische Künstlerin Hadassa Goldvicht greift in ihrer Video- installation Das Haus des Lebens Schwellenräume zwischen Leben, Tod, Mythos und Kunst auf und erzählt dabei die Geschichte des jüdischen Venedigs durch die Augen des Friedhofswächters Aldo Izzo. Die Ausstellung ist nun in der Fondazione Querini Stampalia im Rahmen der 57. Biennale Venedig zu sehen.

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Alles begann mit der Einladung an Hadassa Goldvicht für eine dokumentarische Arbeit für Beit Venezia, das Zentrum für jüdische Studien in Venedig, und endet nun nach vier Jahren als die expansive, poetische Installation The House of Life (Das Haus des Lebens) im Palazzo Querini Stampalia.

„Hadassas Arbeit ist ein poetisches Statement über die universelle Erfahrung von Identität, die in der individuellen und der kollektiven Erinnerung vergraben ist.“
Amitai Mendelsohn

2013 wurde die israelische Künstlerin Hadassa Goldvicht eingeladen, eine Videoarbeit über die jüdische Gemeinde von Venedig und ihre Geschichte zu drehen. Als sie dann während ihrer Arbeit Aldo Izzo, den 86-jährigen Wärter des alten jüdischen Friedhofs, kennenlernte, nahm die Arbeit eine dramatische Wendung und entwickelte sich in vier Jahren zu einem intimen Porträt eines Menschen, der einst als Schiffskapitän gearbeitet hat und seit 35 Jahren die Rettung und Renovierung des alten jüdischen Friedhofs auf dem Lido zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat.

Der Friedhof am Lido, 1389 bis 1641 von der Gemeinde aktiv genutzt, ist durch die historischen Ereignisse und die Witterung erheblich zerstört worden. Da die Verstorbenen heute nicht unbedingt in jenen Gräbern liegen, die ihre Namen tragen, ist der Friedhof in gewissem Sinne zu einem fiktiven Ort der Erinnerung geworden – entworfen von Izzo und der sich verändernden Zeit.

Aldo Izzo: Augenblicke auf dem Friedhof und in seinen Tagebüchern.

„In meinen Arbeiten interessiere ich mich für Grenz- und Schwellenräume –jene Orte, an denen die Grenzen zwischen Persönlichem und Öffentlichem verblassen“, sagt Goldvicht. „Mich fasziniert jene Blackbox aus sozialen, gesellschaftlichen, politischen und persönlichen Schichten, die in den Gesprächen durch Sprache und Gestik meines Gegenübers sichtbar wird. Das Haus des Lebens ist nun die Dokumentation einer solchen Blackbox. Berührend, leise und trotzdem dramatisch werden durch Izzos Augen die Entwicklungsgeschichten des jüdischen Friedhofs, des jüdischen Venedigs, aber auch der Vergänglichkeit von Natur und Menschen sichtbar.

So erinnert sich Izzo im Gespräch zum Beispiel daran, wie er als Kind auf dem Friedhof spielte und sich dann dort vor den Faschisten versteckte. Dieser Ort bleibt damit sein lebenslanger Spielplatz, an dem die Lebenden die Toten schützen und die Toten die Lebenden.

In den Jahren, in denen ich Mr. Izzo gefolgt bin, spürte ich, wie er mich behutsam über Dinge lehrte, über die ich zu lernen zögerte – wie den liminalen Raum zwischen Leben und Tod, in dem sich kaum jemand aufhalten kann

Das Haus des Lebens, kuratiert von Amitai Mendelsohn, wird noch bis Ende November im Palazzo Querini Stampalia Museum in Zusammenarbeit mit dem Israel Museum Jerusalem und Meislin Projects New York gezeigt. Eine sehenswerte Arbeit, verortet in jener Stadt, die so sehr Leben und Vergänglichkeit in einem verkörpert wie kaum eine andere.


THE HOUSE OF LIFE
von Hadassa Goldvicht, kuratiert von Amitai Mendelsohn
Palazzo Querini Stampalia
bis 26. November 2017
querinistampalia.org
imj.org
meislinprojects.com

 

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