Eine bunt gemischte kleine Gemeinde in Palma hält das traditionelle jüdische Leben auf der beliebten Baleareninsel aufrecht. Ein Lokalaugenschein von Marta S. Halpert, Fotos: Reinhard Engel
Wir werden den Seder-Abend in drei Sprachen führen: Hebräisch, Spanisch und Englisch – und die Haggadah liest jeder, wie er kann“, lacht David Kaisin, der 36-jährige Präsident und Kantor der jüdischen Gemeinde von Mallorca. Im fröhlichen Durcheinander hört man nicht nur die drei erwähnten Sprachen, sondern auch noch Deutsch, Dänisch und Jiddisch. „Es gibt auch auf der Insel eine israelische Kolonie, die bleiben unter sich. Zu uns kommen vor allem die englischen und spanischen bzw. lateinamerikanischen Juden.“
„Alle Chazanim, die wir angefragt haben, verlangten so hohe Gagen für die Feiertage, dass wir dankend ablehnen mussten. So mache ich das auch selbst“, erzählt der ehrenamtliche Präsident der rund 50 Familien, die Mitglieder der lokalen Gemeinde sind. Die Zahl der Juden auf Mallorca wird insgesamt auf 300 geschätzt. Die derzeitige Gemeinde wurde 1971 von Rabbiner Dr. Werner van der Zyl, der aus Westfalen kam und 1984 auf der Insel starb, wiedergegründet: als erste jüdische Gemeinde in Palma seit 1435. „Die Synagoge hier in der Calle Monsenor Palmer feiert im Juni das 25-jährige Bestehen, sie wurde erst im Juni 1987 eingeweiht“, berichtet David Kaisin, der hier geboren wurde, weil sich seine Eltern, der Vater Belgier, die Mutter Chilenin, auf Mallorca kennen gelernt hatten. Kaisins Mutter stammt ursprünglich aus Izmir, aus einer sefardisch-türkischen Familie, die vor der spanischen Inquisition geflohen war. Über den Umweg durch Chile hat die Familie wieder den Weg nach Spanien zurückgefunden. „Ich bin kein Chueto“, sagt David gleich zu Beginn unseres Gespräches mit großer Bestimmtheit. Die mallorquinischen Chuetas*, die Nachfahren jüdischer Zwangskonvertiten aus der Zeit der spanischen Inquisition, sind ein heikles und jetzt auch sehr aktuelles Thema.