Maschiach unter der Diskokugel

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Nicht nur in Berlin boomt eine jüdische Partyszene. Immer mehr junge Juden prägen das Nachtleben auf ihre Art. Von Manja Altenburg

Gefeiert wird dort, wo genügend Nachfrage ist. Das ist das Prinzip von Mesiba, hebräisch „Party“, die deutschlandweite nicht ortsgebundene jüdische Party­reihe, die vor gut zehn Jahren von jüdischen Frankfurtern ins Leben gerufen wurde. Bis zu drei Mesibot finden schon mal in einem Monat in verschiedenen Städten statt. Aufgelegt werden Mainstream, zeitgenössische israelische Hits, aber auch chassidische Lieder und jiddische Schmusesongs. Dabei richtet sich Mesiba vor allem an in Deutschland lebende junge Juden.

Total meschugge!

Der Israeli Aviv Netter ist der Initiator der Berliner Meschugge-Partys. „Berlin Meschugge – The Unkosher Jewish Night“ lautet das Motto, unter dem hier seit 2007 einmal im Monat gefeiert wird. Auf der brechend vollen Tanzfläche bewegen sich nicht nur Juden und Israelis, hier tanzt die Vielfalt der Kulturen. Aus den Boxen dröhnen israelische Chart-Hits, Klassiker und aktuelle Popsongs aus Tel Aviv. Netter glaubt, dass unter anderem dieser Mix ein Grund für seinen Erfolg ist: „Letztendlich ist das Judentum eine Religion. Religion und Nachtleben passen meist nicht zusammen. Doch viele Israelis, die nach Berlin kommen, fangen an, sich Fragen zu stelle, wie ich selbst: Was macht mich eigentlich jüdisch? Meine Antwort: Es ist die Art, wie ich meine Kultur feiere – ein Urinstinkt, wenn etwa meine Finger anfangen zu schnippen, sobald ich hebräische Musik höre.“ Inzwischen hat das jüdisch-israelisch-berlinerische Partyfieber Dresden angesteckt. Unter dem Titel JewBox gastiert die Meschugge-Party immer wieder in der sächsischen Landeshauptstadt – gefördert vom Zentralrat der Juden in Deutschland.

Sababba

Aber nicht nur bei Meschugge wird jüdisch gefeiert. Die weitere große Partyreihe nennt sich Sababba. Für DJ San Gabriel, einen Kenner des Berliner Nachtlebens, erklärt sich der Trend so: „Mittlerweile gibt es mehr als 10.000 Israelis, die in Berlin leben. Und für die ist das natürlich auch eine Art Treffpunkt, um unter den eigenen Leuten zu feiern.

„Auf der brechend vollen Tanzfläche bewegen sich nicht nur Juden und Israelis, hier tanzt die Vielfalt der Kulturen.“

Ähnlich bunt sind die Sababba-Abende, organisiert von Vernen Liebermann und Daniel Stern, auch wenn hier mehr Gäste aus den Reihen junger Berliner Juden kommen.“ Und Initiator Liebermann selbst erläutert: „Die Leute, die zu uns kommen, verspüren ein bisschen Glückshormone, ein bisschen Stolz. Und freuen sich allein an der Tatsache, dass es in Deutschland wieder Partys gibt, auf denen jüdische und nicht-jüdische Menschen zusammenkommen, um die jüdische Kultur und das Feierwesen zu befeiern.“ Auch San Gabriel sieht das so: „Die Sababba-Party ist eher eine Party, die aus den Reihen der jüdischen Gemeinde kommt, wo auch viele nicht-jüdische Freunde hingehen. Das Schöne ist, dass man sich nicht verstecken muss und mit Musik und Party ganz einfach seine Kultur näherbringt.“

Den Trend haben auch die Brüder Daniel und Elior Karavani aufgegriffen und in die Schweiz importiert. Die beiden Israelis versuchen diese mit israelischer Wärme anzureichern. Sie gründeten daher das Partylabel „Sababa Events“. Einerseits wollen sie damit die in der Schweiz lebenden Israelis mit Partys versorgen, um so das „nötige Olivenöl im Hummus“ zu liefern.

Andererseits wollen sie vorbehaltlos junge und jung gebliebene Juden und Nichtjuden ansprechen. Ihr Motto: „Mishe lo ba – mafsid.“ – Wer nicht kommt – der verliert. Die brechend vollen Tanzflächen in der jüdischen Partyszene liefern dafür den besten Beweis.

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