Jakov Shapira ist ein unscheinbarer Kriegsheld. Er hat als Feldwebel der Roten Armee unter anderem seine Heimat Litauen befreit und leidet bis heute unter seinen Verletzungen. Was an seinem Lebensoptimismus – und dem seiner Frau Jente – nichts ändert. Von Gisela Dachs
Es gibt einen Tag im Jahr, der Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion in ihrem nationalen Gedächtnis von anderen Israelis dramatisch unterscheidet: den 9. Mai. So wurde etwa die 9-jährige Fanny an diesem Tag früher aus der Schule abgeholt, „um bei der Parade dabei zu sein“. Ihre Mutter stammt aus Moskau, und das gehört natürlich zur Erziehung. Tatsächlich gibt es sie noch, wenn sie auch längst viel kleiner ausfällt als früher, diese feierliche Parade jüdischer Veteranen der Roten Armee. Auf 7.000 wird die Zahl jener geschätzt, die heute noch leben, die meisten davon in Israel. Der Sieg über die Nazis ist auch der ihre.
Im ersten Stock unseres Hauses wohnt ein solcher Kriegsheld. Seine sechzehn Medaillen sind alle gut in einer Dose verstaut. Jakov Shapira gehört nicht zu jenen, die sich damit schmücken. Aber ein bisschen Stolz blitzt dann doch in seinen Augen auf, als er mir den „Ruhmesorden“ zeigt. In Kombination mit zwei weiteren Medaillen, ebenfalls in Form eines fünfzackigen Sterns, so sagt er, verweise das auf außergewöhnliche Tapferkeit.
Vor zwei Jahren hatte Jakov Shapira dann doch einmal Lust verspürt, sich diese drei Tapferkeitssymbole am Tag des Sieges anzustecken, und war damit auf die Straße gegangen. Jüngere Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion, die sehr wohl damit etwas anzufangen wussten, hätten angehalten, ihm vor Ehrfurcht die Hand geschüttelt und ihn respektvoll „Großvater“ genannt, erzählt seine Frau Jente.