Medizin und Beton

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Israelische Investoren in Mittelosteuropa finden sich vor allem in zwei Branchen: in der Pharmaindustrie und beim Entwickeln von Immobilien – mit unterschiedlichem Erfolg. Von Reinhard Engel   

Der israelische Pharmakonzern Teva ist ein globaler Riese. Er verkauft seine Medikamente – vor allem Generika – in zahlreichen Ländern, betreibt Produktionsstätten rund um den Erdball, und längst wird auch nicht mehr ausschließlich in Israel geforscht. Mittelosteuropa spielt dabei eine bedeutende Rolle.

Die Immobilienbranche war von rasantem Aufstieg, brutalen Restrukturierungen und Umschuldungen geprägt.

Österreich ist zwar ein wichtiger Markt für Teva-Produkte, allerdings nicht unbedingt mit dem Namen des Konzerns selbst. Weit umfangreicher ist das Angebot jener Medikamente, die seit der Übernahme des deutschen Generikaunternehmens Ratiopharm unter dessen Marke verkauft werden. Produktionsstätte wird in Österreich allerdings keine betrieben.

Der israelische Pharmakonzern Teva expandiert in Mittel- und Osteuropa. Und verkauft weltweit wie auch in Österreich mit großem Erfolg vor allem Generika. In Österreich gibt es dennoch keine Produktionsstätte.
Der israelische Pharmakonzern Teva expandiert in Mittel- und Osteuropa. Und verkauft weltweit wie auch in Österreich mit großem Erfolg vor allem Generika. In Österreich gibt es dennoch keine Produktionsstätte.

Das ist in den unmittelbaren Nachbarländern anders. Teva hat in Ungarn drei Standorte für die Herstellung von Pharmazeutika – in Debrecen, in Sajóbábony und in Gödöllő. Mehr als 500 unterschiedliche Medikamente werden für Märkte in Europa, aber auch in Kanada, Israel und Asien erzeugt. Teva Ungarn beschäftigt 600 Frauen und Männer, mehrmals wurde die Produktion erweitert und modernisiert. In der tschechischen Republik hat Teva sogar 1.500 Mitarbeiter, dort wurde allerdings im Jahr 2006 ein traditionelles Pharmaunternehmen übernommen, Galena. Dieses, mit dem Hauptsitz im ostmährischen Opava, war ebenfalls auf Generika spezialisiert. Auch von hier aus wird kräftig exportiert, vor allem nach Westeuropa und in die USA.

Ebenfalls zugekauft wurde 2008 der kroatische Medikamentenhersteller Pliva. Pliva geht auf eine Gründung im Jahr 1921 zurück und entwickelte sich – auch während des sozialistischen Jugoslawien – zu einem soliden Pharmaunternehmen. Begonnen hatte es mit Heilkräutern, bald wurde Pliva zum Produzenten von Antibiotika, investierte laufend in die Forschung, stellte aber auch Generika her. Heute exportiert Pliva von Zag­reb aus mehr als 80 Prozent seiner Medikamente. Die Gruppe beschäftigt 2.000 Mitarbeiter, davon 200 Forscher und Entwickler, und ist vor allem in den Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawien stark. Auch hier investiert Teva laufend in die Modernisierung und hat sogar einige europäische Zentralfunktionen in Zagreb angesiedelt.

In den meisten süd- und osteuropäischen Ländern werden die Medikamente nur vertrieben, in Polen findet sich eine Mischform: Dort gibt es zwei Produktionen, eine von Teva in Kutno und eine von Pliva in Krakau.

Teva mag der größte industrielle israelische Investor in der Region sein, der einzige ist er nicht. So berichtete Reuters im September 2014, dass ein chinesisch-israelisches Jointventure den Kauf zweier Windparks in Polen angekündigt hat – immerhin um 400 Millionen Euro. Die Partner sind der China-Cee Fund und Enlight Renewable Energy.

Elektra M & E Bulgaria wiederum ist ein Installations- und Haustechnikunternehmen der gleichnamigen israelischen Gruppe. Es hat sich auf elektromechanische Infrastruktur spezialisiert, etwa von Einkaufszentren, aber auch von Kläranlagen oder Bewässerungssystemen in der Landwirtschaft. In Russland betreibt Elektra ein Schwesterunternehmen.

Aber der Konzern hat noch ein weiteres Standbein: die Immobilienentwicklung. Am bekanntesten ist wohl der Elektra Tower in Tel Aviv, aber es gibt auch eine ganze Reihe von Projekten in Mittel- und Osteuropa, etwa in Warschau, Riga, Wilna und St. Petersburg.

Die Folgen der Krise

Im Immobilienbereich waren israelische Unternehmen in den letzten 20 Jahren am aktivsten. Und dies sollte vom anfänglichen Boom über die Finanzkrise und die darauf folgende allgemeinen Wirtschaftsflaute in der Region eine Berg- und Talfahrt werden, die nicht alle Unternehmen überlebten. „Wenn man sich heute die Immobilienszene in Ungarn und in den Nachbarländern anschaut“, erzählt Tim Hulzebos, Budapester Chef des global tätigen Maklers Colliers, „dann spielen die Israelis heute eine deutlich geringere Rolle als Ende der 90er-, Anfang der 2000er-Jahre. Das ist eine direkte Folge der Krise.“

Bewegte Immobilienbranche. Israelis spielen heute eine deutlich geringere Rolle als Ende der 90er-, Anfang der 2000er-Jahre.
Bewegte Immobilienbranche. Israelis spielen heute eine deutlich geringere Rolle als Ende der 90er-, Anfang der 2000er-Jahre.

Hulzebos erinnert sich an zahlreiche kleine Immobilieninvestoren aus Israel, oft mit verwandtschaftlichen Beziehungen nach Ungarn, Polen oder Rumänien, die aktiv geworden waren. Aber es gab auch die ganz großen: Ihre Entwicklung war fast durchgängig von rasantem Aufstieg und brutalen Restrukturierungen und Umschuldungen geprägt. Hier nur einige der prominentesten Beispiele: Kardan, eine niederländische Holding, baute über ihre Investmenttochter GTC, die an der Londoner Börse notierte, quer durch die Region Bürohäuser und gewerbliche Immobilien. Doch sie hatte sich übernommen, im Herbst 2013 musste sie ihr Aktienpaket von fast 30 Prozent an den texanischen Investmentfonds Lone Star abgeben. Dieser will nun GTC als Plattform für eine weitere gezielte Expansion in Mittelosteuropa nutzen, aber die Israelis sind draußen.

Ähnlich erging es der Ablon-Gruppe, an der auch die österreichischen Volksbanken beteiligt waren. Sie hat vorrangig in Ungarn, Rumänien und in der Tschechischen Repub­lik in Bürogebäude, aber auch in Hotels investiert und musste – ebenfalls als Krisenfolge – abverkaufen: an die tschechische CPI. Ablon hatte ihr erstes Bürohaus in Budapest immerhin schon 1993 zu planen begonnen und 1996 eröffnet.

Shikun & Binui, eine der größten israelischen Baufirmen aus der Arison-Gruppe, ist zwar noch in Mittelosteuropa aktiv – sowohl mit Wohnbauten als auch mit Bürogebäuden. Aber auch auf ihrer Website findet sich bei einer ganzen Reihe von Projekten das Wort „Pipeline“: Das heißt Planungsstadium, oft ohne konkrete Daten. Und in der Bilanz für 2013 steht bei der ungarischen Tochterfirma ein deutlicher Verlust.
Lev Leviev, Chef von Africa Israel, konnte zwar im Winter 2013 im rumänischen Ploiești eine riesige Shoppingmall eröffnen, aber auch sein Konzern hat in Osteuropa schon bessere Zeiten gesehen. 2009 musste Africa Israel umschulden und sehr rigide Verpflichtungen gegenüber den Geldgebern eingehen. Doch auch AFI Europe ist noch aktiv in der Region – mit Schwerpunkten in der Tschechischen Republik und in Rumänien, darüber hinaus auch in Polen und in Bulgarien. Die Projekte umfassen Bürohäuser, Wohnsiedlungen und Einkaufszentren.

Ein anderes Imperium mit erheblichen Investitionen in Mittelosteuropa gehört heute seinem Baumeister nicht mehr: Elbit Imaging von Motti Zisser. Ende 2013 musste er eine der größten Umschuldungen in der Geschichte Israels durchführen – im Frühjahr 2014 wurde er als CEO abgelöst. Die Plaza-Gruppe mit Einkaufszentren in zahlreichen osteuropäischen Städten, ehemals Teil von Elbit, war ebenfalls zahlungsunfähig. Heute hat dort der US-Fonds York Capital Management das Sagen. ◗

© teva

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