Muhende Kinder und eine verwunderte Haushaltshilfe

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Paul Chaim Eisenberg hat sechs Kinder und (derzeit) 19 Enkelkinder, die auf der ganzen Welt verstreut wohnen. Zu Pessach kommt ein Teil gerne auf Besuch nach Wien. Welche Momente des Freudenfestes für den Oberrabbiner zudem noch besonders glücksbringend sind, erzählt er wina.

1. Der erste Glücksmoment passiert bereits am Abend vor Pessach. Dann werden nur mit dem Licht einer Kerze gemeinsam mit der Familie die zehn Stückchen Chametz gesucht. Das Schönste sind die leuchtenden Augen meiner Enkelkinder, die – wenn sie noch klein sind – gar nicht mitbekommen haben, dass wir selbst schon vorher die „Bröckerln“ versteckt haben, und bei jedem gefundenen Stück in Triumphgeheul ausbrechen.

2. Der zweite Glücksmoment ist am nächsten Tag. Am Morgen vor dem Sederabend werden diese Chametz-Bröcklein im Hofe eines Bet Knesset, einer Synagoge, verbrannt. Auch da sind es besonders die Enkeln, die herumtanzen und auf die man aufpassen muss, dass sie ja nicht zu nahe ans Feuer kommen …

3. Der dritte Glücksmoment ist, wenn ich am gleichen Tag als Rabbiner plötzlich zum Großhändler mutiere. Da nicht alle Juden ihre gesäuerten Produkte (Chametz) aufessen oder verbrennen können, „verkauft“ der Rabbiner das Übriggebliebene. Nach Pessach wird dieser Verkauf auf legale Weise natürlich rückgängig gemacht (Details im Rabbinat).

4. Der nächste Glücksmoment ist der Sederabend, an dem wir mit Familie und vielen Gästen die Haggadah lesen, die Pessachlieder singen und das wunderbare Pessachessen der Frau Oberrabbiner genießen. Der eigentliche High Point des Seders: Ein besonderer Minhag-Brauch geschieht, wenn wir das Chad Gadja singen, dort kommen verschiedene Tiere vor. Die Kinder, die am Ende des Seders noch wach sind, dürfen blöken wie Schafe, bellen wie Hunde, miauen wie Katzen und muhen wie Kühe – und können ihr Lachen dabei kaum unterdrücken.

5. Am Abend nach dem Ende des Pessachfestes wird so schnell wie möglich das Pessachgeschirr weg- und das Chametzgeschirr (die Töpfe, Teller und Besteck fürs ganze Jahr) wieder eingeräumt. Unsere Haushaltshilfe glaubt jedes Jahr, dass wir total verrückt sind, so viel für Pessach vorzubereiten und dann nach nur acht Tagen alles wieder fortzuschaffen. Dieser Moment ist der letzte Glücksmoment von Pessach, weil wir jetzt wieder Brot essen dürfen.

© Gilbert Novy /apa picturedesk.com

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