Ein Musiker durch und durch

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Klavierspielen war von klein auf sein Leben, dennoch waren die Eltern bedacht darauf, dass er eine normale Kindheit verbrachte. Darüber ist Elias Meiri heute froh, auch wenn der Musiker meint, ein bisschen Druck, mehr zu üben, wäre schon hilfreich gewesen. Von Alexia Weiss

Elias Meiri kam mit absolutem Gehör zur Welt, und das kam wohl nicht von ungefähr, denn auch seine Mutter und sein Großvater und seine Tochter hatten beziehungsweise haben diese Gabe. Wenn Meiri Musik, Töne, Geräusche hört, dann nimmt er sie als weiblich oder männlich wahr, „und manchmal ist es auch eine Mischung“.

Die Melodika war sein erstes Instrument, im Alter von vier Jahren kam das Klavier hinzu. Mit fünf dann das erste Vorspielen bei einem Musikprofessor, der davon Wind bekommen hatte, „in Petach Tikwa gibt es so ein kleines Genie“. Was der beeindruckte Professor empfahl, gefiel den Eltern allerdings nicht: Was zähle, sei die Klassik, und die gelte es zu üben. Alleine. Zu Hause. Lernen sollte er mit einem Privatlehrer. In der Schule könnte sich das Kind verletzen.

Die Eltern entschieden sich dagegen, und so besuchte Meiri wie alle anderen Kinder auch die Schule. Zum Üben kam er nicht so viel, wie sich seine damaligen Musiklehrer das gewünscht hätten, aber durch sein Talent konnte er das spielend ausgleichen. Außerdem konzentrierte er sich schon als Kind nicht nur auf Klassik, sondern spielte auch viel Populäres. Immer wieder stand er damals schon auf der Bühne.

So war der Weg vorgezeichnet für den Besuch des Musikgymnasiums. Es folgten die ersten Auftritte im Fernsehen. Die Zeit in der Armee nutzte er hauptsächlich, um zu üben, da er erkannte: „Vielleicht hatte ich es ja in meinem vorangegangenen musikalischen Leben versäumt. “

Ein kurzes Hineinschnuppern in den väterlichen Betrieb, eine Fabrik, die Industriediamanten herstellte, war nicht von Erfolg gekrönt. „Da gab es eine Maschine, mit der man diese Diamanten geschliffen hat – aber eine falsche Bewegung und sie fliegen weg. Ich habe irrsinnig viele Diamanten verloren und war nur mit Suchen beschäftig.“ Nach einer Woche war Schluss mit der Arbeit in der Fabrik.
Meiri beschloss, in den USA Musik zu studieren, und zwar am Berkley College of Music in Boston. Vor allem aber schloss er sich hier tage-, wochen-, monatelang ein, um zu üben. Oft nur einen Ton am Tag. „So habe ich meine ganze Klaviertechnik geändert.“ Zwischen Israel und den USA sieht Meiri auf der kulturellen Ebene nicht viele Unterschiede. Das kulturelle Leben in Europa sei dagegen anders.

„In Amerika geht es ums Showbiz. Hier in Europa geht es viel mehr um die Kultur.“

Winzerhaus in Dornbach. Er hatte Timna Brauer kennen gelernt, und irgendwann stellte sich die Frage, wo man sich niederlassen sollte. Zu der Zeit war er zu Gast beim Jazzfest in Österreich. „Mir hat es sehr gut gefallen im Vergleich zu New York. So grün, die Ruhe, ich bin doch in Petach Tikwa aufgewachsen, in der Natur, damals gab es diese vielen Orangenplantagen.“ An Europa hat ihm auch gefallen, dass die Menschen hier die Musik respektieren. „In Amerika geht es ums Showbiz. Hier geht es viel mehr um die Kultur.“

Deutsch hat er erst nach zwei Jahren in Wien zu lernen begonnen – „zuerst habe ich verweigert wie alle Israelis“. Als Israeli tue man sich grundsätzlich schwer mit dem Deutschen, „es ist eben die Sprache der Nazis“. Aber der Klang war ihm durch das Jiddische, das in der mütterlichen Familie, die aus Polen stammte, gesprochen wurde, vertraut.

Die Melodika war Elias Meiris erstes Instrument, im Alter von vier Jahren kam dann das Klavier hinzu.
Die Melodika war Elias Meiris erstes Instrument, im Alter von vier Jahren kam dann das Klavier hinzu.

Seit vielen Jahren lebt die Familie in einem ehemaligen Heurigenhaus in Dornbach. Damals, als um die Jahrtausendwende die FPÖ in die Regierung kam, seien seine Eltern extra aus Israel angereist, um ihn davon zu überzeugen, dass er mit den Kindern nicht in Wien bleiben könne, weil sich die Geschichte wiederholen würde. Aber nach ein paar Tagen in dem gemütlichen Haus mit dem sympathischen Innenhof habe der Vater gesagt, es sei so ruhig, man höre gar nichts. Und ab dann war keine Rede mehr vom Weggehen aus Österreich.

Die Musikbranche werde allerdings seit etwa drei Jahrzehnten schwieriger. Da gehe es nicht nur um die sinkenden CD-Verkäufe. Auch die Life-Musik-Szene werde immer kleiner. Dazu habe zunächst das Kabelfernsehen beigetragen. Zuvor hatte es viele Life-Shows mit Musik auf den beiden ORF-Kanälen gegeben. „Wir waren oft im Fernsehen.“ Während des Irak- und des Jugoslawienkriegs sei die Szene dann fast kollabiert. Und dann: Internet, Raubkopien, die Möglichkeiten, die sich durch die neuen Medien ergaben.

Die meisten Musiker würden daher schon seit geraumer Zeit versuchen zu unterrichten. Meiri hat sich zunehmend auf Konzerte konzentriert, aber auch daran Gefallen gefunden zu unterrichten, weil man dabei auch sehr viel dazulerne. Derzeit baut er eine Online-Musikschule auf. Nachdem er viele Jahre gemeinsame Projekte mit seiner Frau gemacht hat, ist Meiri nun wieder mehr auf seine Laufbahn als Solokünstler bedacht – wobei er sich das Genre betreffend nicht in eine Schublade pressen lassen will: „Ich bin ein Mensch, der Klavier spielt und mit dem Klavier spricht.“

Elias Meiri, geb. 1959 in Israel, Musikgymnasium in Tel Aviv, Studium am Berkley College of Music, Boston/ USA. Parallel zur Ausbildung weltweit Konzerte mit Jazzgrößen wie Dizzy Gillespie, Dave Libmann und Steve Großman. 1988 der Entschluss, nach Wien zu ziehen, nachdem er mit der Sängerin Timna Brauer das Timna Brauer & Elias Meiri Ensemble gegründet hatte. Es folgten zahlreiche CD-Produktionen, Tourneen und Auszeichnungen. Er pendelte viel zwischen Israel und Europa. Nun wieder mehr in Österreich, widmet er sich dem Unterrichten. Eine Online-Schule ist im Aufbau. Meiri ist mit Timna Brauer verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder.
eliasmeiri.com

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