Es gibt Berichte, die angesichts der Lawine von Nachrichten dieser Tage keine großen Wellen schlagen. Doch einige von ihnen wären es wert, breit bekannt gemacht und diskutiert zu werden. Warum? Weil sie gesellschaftlich massiv relevant sind. Und zwar nicht nur für Juden und Jüdinnen. Die Neuigkeit, dass die Internationale Falkenbewegung die beiden israelischen Jugendorganisationen HaShomer HaTzair und No’al aus ihren Reihen ausgeschlossen hat, war Anfang August in der Jüdischen Allgemeinen zu lesen. Darüber hinaus verbreitete sich diese Begebenheit nicht nennenswert. Dabei halte ich sie für einen wichtigen Puzzlestein dessen, was derzeit international in der Linken in Bezug auf Israel passiert.
Da wird zum einen der eigene Antifaschismus beschworen. Da wird andererseits allerdings statt den Kampf gegen die dschihadistische Terrororganisation Hamas in den Vordergrund zu stellen, gerne mit dem Narrativ des palästinensischen Freiheitskampfes geliebäugelt und Israel dämonisiert.
Das Feindbild „Jude“, es funktioniert bis heute
so wunderbar als Sündenbock.
Durch das Austauschen von Begriffen
wird versucht, das zu camouflieren.
Der Ausschluss der beiden israelischen Organisationen wurde laut Bericht der Jüdischen Allgemeinen vor allem von der palästinensischen Jugendorganisation Independence Youth Union vorangetrieben. Unterstützt sei sie dabei von europäischen Mitgliedsorganisationen worden, die inhaltlich eng mit der Boykottbewegung BDS verbunden seien.
Einige Monate zuvor hatte der Dachverband bereits eine Resolution angenommen, in der die angebliche Beteiligung der beiden Organisationen an der „bewussten Aggression gegen die Palästinenser“ verurteilt wurde. Als Grund wurde darin die Teilnahme der linken Zionisten am Militärdienst und somit auch der Militäroperation in Gaza angeführt.
Diese Kritik übersieht, dass der Militärdienst in Israel – anders als in anderen Staaten – verpflichtend ist. Sie übersieht, dass sich gerade diese beiden Organisationen seit jeher in der Friedensbewegung und für eine friedliche Koexistenz engagieren. Sie übersieht, dass die diesen Krieg auslösende Gewalt von der Hamas und damit von palästinensischer Seite mit dem Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 ausging. Und sie übersieht, und das halte ich für besonders perfide, dass gerade die grenznahen Kibbuzim Nirim, Nir Oz, Be’eri, Kissufim, Urim, Kerem Shalom, Nahal Oz, Erez und Zikim, die am 7. Oktober überfallen wurden, zu einem großen Teil von Mitgliedern des Shomer und von No’al gegründet und immer noch bewohnt wurden. Viele dieser Menschen wurden bei den Massakern im Herbst 2023 entweder ermordet oder verletzt, andere verloren Angehörige, Nachbarn, Freunde.
Die Internationale Falkenbewegung fällt genau diesen Menschen in den Rücken. Wenn linke israelische Bewegungen so behandelt werden, verdeutlicht das: Der vielbeschworene Antizionismus ist am Ende doch Antisemitismus. Was hier im vergleichsweise Kleinen passiert, passiert auch im Großen: Linke Organisationen fallen Juden und Jüdinnen weltweit in den Rücken. Sie machen gerade links eingestellte Juden und Jüdinnen damit politisch heimatlos.
Und es ist das, was mich derzeit so ratlos macht und, ja, mir ein Stück weit den Boden unter den Füßen wegzieht. Wie die Rechte tickt, das weiß man. Aber nun auch von Teilen der Linken im Stich gelassen zu werden, das tut weh. Und ja, es macht klar: Das Feindbild „Jude“, es funktioniert bis heute so wunderbar als Sündenbock. Durch das Austauschen von Begriffen wird versucht, das zu camouflieren. „Der Jude“ wird heute auch oft „Israel“ oder „Zionismus“ oder „Zionisten“ genannt, vermeintlich wiegen sich die diese Begriffe Benutzenden dann im Bereich des Unantastbaren, des politisch Korrekten. Und kommen damit durch – weil außer Juden und Jüdinnen das kaum jemanden mehr aufregt.

























