Reisen verbindet

Österreichs Touristiker bearbeiten den kräftig wachsenden Markt israelischer Gäste – und suchen Kontakte zu Traveltech-Unternehmen.

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Israel–Wien. Noch vor wenigen Jahren gab es wöchentlich 24 Flüge zwischen Ben Gurion und Schwechat, aktuell sind es 38, Tendenz steigend. © 123RF

Die Million ist nicht mehr unerreichbar. Diese können wir in ein paar Jahren schaffen.“ Günther Schabhüttl, Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Tel Aviv, spricht über die steigenden Zahlen israelischer Touristen in Österreich. Seit Jahren verbucht man regelmäßig Zuwächse, 2017 wurde die 600.000er-Marke deutlich überschritten, und auch das Jahr 2018 entwickelte sich in den ersten acht Monaten sehr gut. Israel liegt damit beim Incoming auf Platz 19 der Welt, für ein kleines Land beachtlich. Und es landet damit in der Nächtigungsstatistik immerhin vor Ländern wie Japan, Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Für weiteren Optimismus gibt es auch gute ökonomische und soziologische Gründe, weiß man bei der WKO. Zunächst einmal lag das Wirtschaftswachstum Israels im Vorjahr mit 3,5 Prozent über jenem in Westeuropa. Laut Umfragen erwartet man in Israel in den kommenden Jahren jährliche Zunahmen des Auslandsreisevolumens von bis zu zehn Prozent. Und die Israelis gehören überhaupt zu den reisefreudigsten Menschen der Welt. Rund fünf der acht Millionen Einwohner machen jedes Jahr zumindest eine Flugreise ins Ausland.

Das Reiseverhalten der Israelis ist für die österreichischen Anbieter von Hotelnächten, Lifttickets und anderen Attraktionen aus mehreren Gründen interessant. Israelische Familien besuchen gerne im Sommer, wenn es in Israel zu heiß ist, die kühlen alpinen Berglandschaften. Das heißt, zwei Drittel von ihnen wählen den Sommer, der ja in Österreichs Statistik gegenüber der Skisaison hinterherhinkt. „Dann fallen die jüdischen Feiertage meist anders als die christlichen, viele der Gäste kommen also in der schwächeren Nebensaison“, erläutert Schabhüttl. Und schließlich konzentrieren sich die Israelis immer noch auf wenige Regionen und Orte, etwa Tirol, Salzburg und Wien, ganz drastisch zeigt sich das sogar in manchen Tälern. Hochfügen im Zillertal zählte zuletzt einige Dutzend Gäste aus Tel Aviv, Haifa und Jerusalem, einige Kilometer weiter in Mayrhofen waren es weit über zehntausend. Schabhüttl: „Da ist also noch alles drin. Wir müssen jetzt mehr in die Breite gehen.“ Bundesländer wie Vorarlberg, die Steiermark oder Kärnten sind bisher für israelische Gäste noch weitgehend weiße Flecken.

»Die jüdischen Feiertage liegen meist anders als die christlichen,
viele der Gäste kommen also in der schwächeren Nebensaison.
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Günther Schabhüttl

Anfang November organisierte die Außenwirtschaft Österreich den Workshop #discoveraustria – inzwischen bereits zum dritten Mal. Dabei besuchten 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Tourismusbranche Israel: Vertreter von regionalen Verbänden, einzelnen Hotels, Bergbahnen oder Eventagenturen. Unter ihnen waren etwa die Region Millstatt, die Reiters Hotels sowie Veranstalter wie Mondial oder DMC. „Israel ist und bleibt ein attraktiver Incoming-Markt, nicht zuletzt durch die positive wirtschaftliche Entwicklung des Landes und die anhaltend guten, ja sogar neuen Fluganbindungen“, erklärt Peter Stasiuk von der Central Danube Region GmbH, die den Twin City Liner zwischen Wien und Bratislava betreibt. Noch vor wenigen Jahren gab es wöchentlich bloß 24 Flüge zwischen Ben Gurion und Schwechat, aktuell sind es 38, Tendenz weiter nach oben. Das europäische Open Skies Agreement zeitigt Folgen, auch neue Anbieter wie etwa die ungarische Wizz Air bearbeiten zusätzlich den Markt.

Aber es ging bei dem Workshop nicht nur um die Erhöhung der Besucher- und Nächtigungszahlen. „Der große Mehrwert dieser Reise liegt in der Kombination von Tourismusmarketing und Trendscouting“, betont Schabhüttl. „In Tel Aviv dreht sich nämlich alles um Innovation, daher wollen wir auch die jüngsten Trends im Bereich Traveltech aufspüren.“ Er bezieht sich dabei etwa auf Unternehmen wie Whizar – Air Ticket Optimization, das seinen Kunden, Reisebüros, eine Art Hedging von Flugpreisen anbietet. Wer bei ihnen bucht, erhält – auf Basis früherer Erfahrungen und Berechnungen – günstige Preise, auch wenn diese im Moment des Bestellens noch nirgends aufscheinen. Sollte diese erwartete Senkung doch nicht stattfinden, übernimmt die Plattform die Differenz.

Alles dreht sich um Innovation. So arbeitet etwa eine israelische Firma daran, mit Big-Data-Programmen die Customer Reviews auf Plattformen wie TripAdvisor maßzuschneidern: Will jemand etwa nur ruhige Hotels oder solche mit Hundegenehmigung buchen, werden genau diese Beschreibungen aus der großen Zahl aller herausgefiltert. Der Kunde kann schneller und zielgenauer wählen.

Für die oft mühsame Rückerstattung der Mehrwertsteuer für außereuropäische Touristen – mit Schlangen an den entsprechenden Schaltern am Flughafen – soll bald elektronische Abhilfe geschaffen werden. Das wird dann so funktionieren wie die Überweisungen im Online-Banking der Bank Austria/UniCredit, die Tennisstar Dominic Thiem bewirbt: Man fotografiert die Rechnung, und gegen einen gewissen Abschlag bekommt man die Rückerstattung ohne Zettelwirtschaft auf sein Kreditkartenkonto gebucht. Das israelische Unternehmen Refunded hat inzwischen bereits ein derartiges Pilotprojekt in der Slowakei laufen.

An einem Wachstum der Gästezahlen in die Gegenrichtung wird ebenfalls intensiv gearbeitet. So organisierte etwa der österreichische Reiseverband ÖRV seinen Herbstkongress 2018 in Israel mit Unterstützung des israelischen Tourismusministeriums. „From Pioneer to Start-up“ war das Motto. Auch hier gab es neben Empfängen und Exkursionen zu den interessantesten Destinationen Kontaktaufnahme zu Technologiefirmen, die touristische Themen bearbeiten.


Spontan und intensiv
Was wollen die Gäste aus Israel? Die WKO hat Besonderheiten zusammengefasst.
Seid Ihr auf der Flucht oder auf Urlaub?“ Diese scherzhafte Bemerkung taucht nicht nur einmal auf, wenn österreichische Hoteliers mit ihren israelischen Gästen deren eng getaktetes Tagesprogramm besprechen. Kaum jemand aus anderen Ländern nutzt etwa die Angebote der Salzburg Card oder ähnlicher Plattformen intensiver aus. „Es soll ja keine Langeweile aufkommen. Israelis brauchen ein sehr aktives, familientaugliches Programm: Abenteuerparks, Wandern, Radfahren“, liest man im Leitfaden Der gläserne israelische Tourist der WKO Außenwirtschaft.

Gute Qualität des Essens ist sehr wichtig für die Zufriedenheit der israelischen Gäste, etwa frisches Gemüse und Obst. Ein Beispiel: Israelis essen gerne Tomaten zum Frühstück. Entsprechend sollten viele Tomaten am Frühstücksbuffet sein.

Israelis sind preissensibel. Sie buchen gerne Angebote und möchten für ihr Geld etwas geboten bekommen. Insbesondere ist wichtig, alle Kosten vorab zu kommunizieren. Kosten, die plötzlich vor Ort entstehen, werden nicht hingenommen.

Die israelischen Touristen sind spontan: 30 Prozent von ihnen buchen ihren Urlaub im selben Monat, in dem sie die Reise antreten, weitere 30 Prozent buchen zwei Monate vorher. Israelis nehmen auch Ad-hoc-Angebote (Events, Ausflüge etc.) vor Ort gerne an. Aber: Sie nehmen sich nicht die Zeit, schriftliche Informationen oder Aushänge im Hotel zu studieren. Wichtige Informationen sollten die Hoteliers daher immer mündlich und zeitnah kommunizieren: „Wenn es etwa eine Happy Hour gibt, sagen Sie es Ihren Gästen nochmals beim Check-in.“

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