Softe Frauen-Power in Blau-Weiß

Vorwiegend weiblich ist die Botschaft Israels in Wien besetzt. Die fünffache Mutter Hadas Wittenberg-Silverstein ist dort mehr als der „zweite Mann“.

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Hadas Wittenberg- Silverstein. „Kultur ist eine der Soft- Powers Israels.“ © Konrad Holzer

Mit einem Neugeborenem trat sie Ende 2015 ihren Job bei der Israelischen Botschaft in Wien an. Mittlerweile hat sich die junge Familie auch „dank meines Mannes“, so Hadas, gut hier eingelebt. Flexibilität und Offenheit für Neues hat die zarte Frau, die aus einem Moschaw im Norden Israels stammt, offenbar aus ihrer Heimat mitgebracht.

Ihren Militärdienst leistete sie in der Golaneinheit ab, eine gute Erfahrung, weil man in diesem „Schmelztiegel“, wie sie meint, junge Leute aus ganz verschiedenen Schichten der Gesellschaft kennenlernt. Als studierte Sozialarbeiterin trat sie vor 16 Jahren in das Außenministerium ein. Ihre diplomatische Laufbahn führte sie nach Belgrad, Costa Rica und Toronto, ehe Talya Lador-Fresher sie in Israel ermunterte, sich für den Posten als ihre Stellvertreterin in Wien zu bewerben.

Mit der neuen Botschafterin zog geballte Frauen-Power in die Anton-Frank-Gasse ein. Hanoch Amedi ist als Konsul quasi der Quotenmann, ansonsten sind alle diplomatischen Positionen hier fest in weiblicher Hand.

„Ein Frauenteam schafft eine komplett andere, offenere Atmosphäre“, ist Hadas überzeugt. Sie ist nicht nur die Stellvertretende Missionschefin, sondern darüber hinaus für Öffentlichkeitsarbeit und Kultur zuständig, bei der sie auch am meisten sichtbar wird, wie man bei zahlreichen kulturellen Events der Botschaft feststellen konnte.

Netzwerke. „Kultur ist eine der Soft-Powers Israels, das ja in vielen Bereichen eine Großmacht ist. Und abgesehen davon ist uns, d. h. der Botschafterin und mir, Kultur eine Herzensangelegenheit. Außerdem versuchen wir auch die akademischen Kontakte zu fördern und dabei über Wien hinaus in den Bundesländern aktiv zu sein, ein Beispiel ist AIANI, ein Netzwerk zur Förderung des wissenschaftlichen Austauschs zwischen israelischen Universitäten und der Universität Innsbruck.“

© Konrad Holzer

Netzwerke, auf die die Botschaft bei ihren diversen Aktivitäten bauen kann, sind die jüdische Gemeinde in Österreich und die verschiedenen zionistischen Organisationen. Das sei aber keineswegs eine Einbahnstraße, betont Hadas, es funktioniere in beide Richtungen.

„Es gibt sehr enge, gute Beziehungen, und ich bin immer wieder erstaunt, wie klein und wie aktiv die jüdische Gemeinde hier ist, nicht nur, was die Kultur betrifft. Es gibt ein volles, reiches jüdisches Leben, das wir natürlich mit unseren Mitteln unterstützen wollen, und auch wir bekommen Unterstützung von den zionistischen Organisationen auf verschiedenen Ebenen.“

Ob die Botschaft zur aktuell heiklen Situation seit Antritt der neuen schwarz-blauen Regierung Weisungen aus dem Außenministerium in Israel erhält, beantwortet Hadas Wittenberg-Silverstein rundheraus. „Ja, es gibt Weisungen, die Entwicklung der gegenwärtigen Regierung einzuschätzen. Und mit der jüdischen Gemeinde wollen wir einen offenen Kommunikationskanal und ein gutes Einvernehmen erhalten, auch was die Bekämpfung des Antisemitismus und die Erinnerung an den Holocaust betrifft, was natürlich ein großes Thema in Österreich ist.“ Die bilateralen Beziehungen seien in den letzten Jahren aber besonders gut und eng gewesen, betont die Diplomatin.

Ein super Produkt. Israel hierzulande als ein Kulturland zu „verkaufen“, sei nicht allzu schwierig, denn „es ist generell ein exzellentes Produkt.“ Zeitgenössischer Tanz, Filmkunst, Musik sind, so ist sie überzeugt, unter Profis leicht zu vermitteln, manchmal sei das durch politische Fragen erschwert, aber grundsätzlich sieht sie in Österreich eine große Bereitschaft zur Zusammenarbeit und kann sich nur an ganz wenige Fälle erinnern, bei denen sie offenbar aus politischen Gründen blockiert wurde.

»Ein Frauenteam schafft eine komplett andere,
offenere Atmosphäre.«
Hadas Wittenberg-Silverstein

Besteht nicht die Gefahr mit all den vielfältigen Aktivitäten dennoch in einer Blase von wohlmeinenden Israel-Freunden zu verharren? Das sei eben eine Herausforderung, die nicht nur Israel betrifft, meint sie, denn viele Menschen bewegen sich doch gern in vertrauten Kreisen, die Botschaft versucht aber auf verschiedenen Ebenen auch einige zu erreichen, die zu Israel noch überhaupt keine Beziehung haben, so zum Beispiel die jüngere Generation. Erfolgreich sind etwa „Israel-Tage“ an Schulen, in denen Einblicke in das Land und seine Kultur gegeben werden.

Zum 70. Geburtstag Israels will man das ganze Jahr über in Zusammenarbeit mit hiesigen Partnern unterschiedlichste Schwerpunkte setzen, von Weinproben angefangen über Jazz bis zu Events in den Bundesländern. Eine israelische Gruppe kommt etwa auch zum Donauinselfest.

In der Öffentlichkeits- und Pressearbeit setzt man vor allem auf persönliche Kontakte, auch was kritische Journalisten betrifft. „Man kann nicht immer deren Meinungen ändern, aber vielleicht mit Informationen etwas zu einem anderen Bild beitragen.“

2019 steht bereits wieder ein personeller Wechsel bevor, so sieht es der diplomatische Dienst vor, doch das konstante lokale Team gewährleiste ja Kontinuität. Der Abschied von Wien wird ihr und ihrer großen Familie nicht leicht fallen. „Aber ich finde es gut, immer wieder mit neuen Leuten einen neuen Fokus, neue Ideen zu erhalten, es ist doch schön, Botschaften alle paar Jahre gleichsam aufzufrischen.“ Wir allerdings denken, dass es mit den engagierten Ladys der Botschaft hier doch wahrlich frisch genug ist. 

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