Sport gegen Radikalisierung

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Die Initiative Not in God’s Name versucht Jugendlichen mit Migrationshintergrund eine Alternative zur Verlockung islamistischer Rekrutierung anzubieten: Sport. Als Testimonials fungieren Idole: Kampfsportler.

Foad Sadeghi ist amtierender Thai- und Kickbox-Weltmeister. Er ist 1988 als Kind mit seiner Familie aus dem Iran nach Österreich geflüchtet. In seinem Kampfsportcenter Tosan auf der Taborstraße trainieren Menschen verschiedenster Nationalitäten und Konfessionen Seite an Seite. Auch Juden kommen hierher, um Kampfsport auszuüben. Dass alle gut miteinander auskommen, ist Sadeghi wichtig. „Alle Menschen sind gleich. Woher man stammt und welche Religion man hat, sollte keine Rolle spielen.“

Wie gut das Miteinander vor allem von Juden und Muslimen in diesem Sportklub funktioniert, hat Alexander Karakas, einen christlichen Wiener mit türkischen Wurzeln, inspiriert, gemeinsam mit Freunden das Projekt Not in God’s Name zu gründen. Hier hat Karakas gespürt, welchen Stellenwert Kampfsportler vor allem in den muslimischen Communitys haben. „Sportler wie Karim Mabrouk oder Foad Sadeghi genießen unter jungen Migranten denselben Stellenwert wie im Breitensport Skiidol Marcel Hirscher oder Fußballstar David Alaba.“

Mit von der Partie auf Initiatorenseite ist auch Daniel Benyes, der selbst jüdische Wurzeln hat. „Nach Paris und Charlie Hebdo stand fest, wir müssen etwas tun. Da Radikalisierung oft in Kampfsportzentren passiert und viele Jugendliche dort ihre Freizeit verbringen, war klar: Da müssen wir rein!“ Benyes spricht hier einen weiteren Aspekt an: Einerseits können Idole wie Sadeghi Jugendlichen positive Werte vermitteln. Andererseits sind auch gerade in Kampfsporteinrichtungen islamistische Rekrutierende am Werk. Dem etwas entgegenzusetzen, dazu ist Not in God’s Name angetreten.

Da Radikalisierung oft
in Kampfsportzentren passiert
und viele Jugendliche dort
ihre Freizeit verbringen, war klar: Da müssen wir rein!
– Daniel Benyes

Die Initiative fährt verschiedene Schienen, wie Karakas und Benyes ausführen: Kampfsportler wie eben Mabrouk oder Sadeghi gehen in Schulen und halten dort Workshops ab. André Chehab, der ebenfalls im Vorstand des Vereins sitzt, erzählt: „Unsere Testimonials sind sehr bekannt unter den Kids. Die verfolgen alle Kämpfe. Wenn wir da an den Schulen zu Besuch sind, merkt man sofort, die Jugendlichen sind baff. Sie hören zu und schauen zu den Kämpfern auf. So gelingt es uns, Werte an die Schüler und Schülerinnen weiterzugeben.“

Im Anschluss an einen Workshop können sich die Jugendlichen für ein Training anmelden. Die Trainings werden in der ASKÖ-Halle in der Donaustadt abgehalten und bilden die zweite Schiene. Hier wird allerdings nicht gekämpft, sondern einfach mit Kampfsportlern gemeinsam trainiert. Auf dem Programm stehen etwa Crossfit- oder Zirkeltrainings. An einer dritten Schiene wird gerade gearbeitet. Not in God’s Name wird einen Videoclip in Onlinekanäle wie Youtube und in Social Media einspeisen, der in der Ästhetik von IS-Propagandavideos startet, die Jugendlichen dann aber eben mit einer ganz anderen Botschaft abholt. „Wir wissen, dass der Einstieg in die Radikalisierung oft mit solchen Videos beginnt“, betont Karakas.

Die Donaustadt ist kürzlich als erster Bezirk Wiens eine Kooperation mit dem Verein eingegangen. Bezirksvorsteher Ernst Nevivry will damit auf Communitys zugehen, die man sonst schwer erreiche. Auch das Ressort von Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz unterstützt den Verein mit einer kleinen Förderung. Mit dabei sind auch „die Helfer Wiens“, also die Blaulichtorganisationen.

Allerdings ist die Nachfrage seitens Schulen, Jugendcentern, Lehrlingseinrichtungen nach Workshops und Trainings mit den beliebten Sportlern wesentlich höher, als Not in God’s Name sie mit den derzeitigen Mitteln bedienen kann. Die Organisation funktioniert aktuell ehrenamtlich, hier wäre rasch eine Professionalisierung nötig. „Wir brauchen dringend eine Basisförderung“, so Benyes. Ein entsprechender Antrag liegt im für Sportagenden zuständigen Verteidigungsministerium, Gespräche laufen auch auf EU-Ebene.

Freuen würde man sich zudem über die Unterstützung durch die Wiener jüdische Gemeinde. „Islamistische Radikalisierung ist für die Gemeinde eine Bedrohung“, meint Sagi Zilbershatz, der in Israel geboren wurde und im Bereich Projektmanagement tätig ist. „Not in God’s Name ist ein Präventionsprojekt. Wir sehen die jüdische Gemeinde als direkten Stakeholder.“

facebook.com/notingodsnameorg


Bild: © Daniel Shaked

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