Vom Regimegegner in Ungarn zu einem der bekanntesten Rabbiner Deutschlands spannt sich der biografische Bogen von Joel Berger. Über seinen beruflichen Werdegang, seine Erlebnisse in Budapest und seine Einstellung zu Ungarn sprach er mit Esther Graf.
wina: Herr Rabbiner, Sie sind 1937 in Budapest geboren und aufgewachsen. Welche Erinnerungen haben Sie an das Budapest der 1940er-Jahre?
Joel Berger: Ich erinnere mich an eine Zeitungsnachricht, die ich schon entziffern konnte. Der Ministerpräsident, Graf Teleki, hatte sich in den Kopf geschossen, weil sogar er selbst sein Land und seine Führung als charakterlos, feige und brutal empfand. Er schrieb in seinem Abschiedsbrief: „Wir sind die letzte der Nationen geworden.“ Das meinte er wegen des feigen Angriffs auf Jugoslawien an der Seite Deutschlands. Er hat nicht übertrieben.