Seit Beginn der Coronapandemie vor inzwischen mehr als einem Jahr sind Tests ein wichtiges Element, um eine Infektion mit Covid-19 zu diagnostizieren und damit in der Folge Infektionsketten zu durchbrechen. WINA sprach mit dem Labormediziner und Miteigentümer von labors.at,
Peter Winter, über die Bedeutung des Testens für die Pandemiebekämpfung und die verschiedenen Testmöglichkeiten.
WINA: Welche Rolle spielen Coronatests in den Bemühungen zur Eindämmung der Pandemie? Peter Winter: Sie dienen dazu, symptomatische Patienten zu erkennen – dabei steht die Diagnose im Vordergrund. Bei Massentests sollen infektiöse Menschen erkannt werden, um durch Isolation, also Quarantäne, das Virus an der Ausbreitung zu hindern.
Stichwort Massentests: Inwiefern sind dabei Tests auch für den Einzelnen wichtig beziehungsweise von Vorteil?
Auch innerhalb eines Haushalts gilt es, einander nicht anzustecken. Daher empfehlen sich Tests auch da als präventive Maßnahme.
„Bei Massentests sollen infektiöse Menschen erkannt werden, um durch Isolation, also Quarantäne, das Virus an der Ausbreitung zu hindern.“ Peter Winter
Aktuell ist viel die Rede von Mutationen. Um diese zu erkennen, ist eine Sequenzierung nötig. Wer macht diese Sequenzierung, wie lange dauert das Verfahren, was sieht man sich da konkret an, und wird das bei jeder Probe gemacht?
Derzeit werden in unserem Labor bereits alle positiven Proben auf das Vorliegen einer Mutation überprüft und beim Ministerium eingemeldet. Die Sequenzierung wird von Speziallabors wie dem CEMM vorgenommen. Das CEMM ist das Research Center for Molecular Medicine der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Man erkennt dabei am Genom, um welche Mutante es sich handelt. Das Verfahren ist aufwändig und benötigt eine Woche – es werden daher wohl nicht alle positiven Proben auch sequenziert.
Warum ist es wichtig zu wissen, mit welcher Variante des Virus sich Menschen infizieren?
Modellrechnungen zur Ausbreitung basieren auf der aktuellen Reproduktionszahl, die wiederum von der Infektiosität und Vorkommenshäufigkeit von Mutanten abhängig ist. Somit ist die Identifikation von großer epidemiologischer Wichtigkeit, da die zu setzenden Maßnahmen davon bestimmt werden.
Wenn eine Person positiv auf Covid-19 getestet wird, bedeutet das auch, dass sie an Covid-19 erkrankt ist? Ist eine Infektion gleichbedeutend mit einer Erkrankung?
Wird das Virus mittels der Referenzmethode PCR nachgewiesen, bedeutet das nicht gezwungenermaßen eine Erkrankung. Denn die Diagnose einer Erkrankung erfordert zugehörige Symptome.
Haben Menschen mit einer höheren Virenlast auch automatisch stärkere Symptome, oder ist das von der Virenlast unabhängig?
Die Virenlast korreliert zwar mit der Schwere der Symptome, doch ist auch die Qualität des Immunsystems ein weiterer entscheidender Faktor.
Der PCR-Test
Wofür steht PCR? Für Polymerase Chain Reaction.
Was wird hier genau gemessen? Es wird die genetische Information des Virus in vitro (exponenziell) vermehrt und identifiziert.
Welche Untersuchung ist dafür nötig? Die ursprüngliche Methode wurde für den Nasenrachenabstrich entwickelt. Um Massentestungen auch mit weniger qualifiziertem Personal durchführen zu können, wurde der Gurgeltest als neue Variante eingeführt.
Wie lange dauert es, bis hier ein Ergebnis vorliegt? Reine Laborzeit sind ein bis vier Stunden, für Transport und Administration kommen noch 30 bis 90 Minuten dazu.
Wer kann/darf diese Untersuchung vornehmen? Um den enormen Bedarf decken zu können, wurden Gesetze erlassen, damit diese spezielle Diagnostik, die sonst Ärzten vorbehalten ist, bis Ende Juni 2021 auch von anderen Personen mit naturwissenschaftlichem Studienabschluss durchgeführt werden darf. Aus Sicht des Facharztes für Labormedizin kann das aber kein dauerhaft wünschenswerter Zustand sein, da nur das fachärztliche Labor den besonders hohen Qualitätsvorschriften unterliegt.
Wann gilt man als Covid-19-infiziert? Als Goldstandard bei positivem PCR-Test. Bei positivem Antigentest sollte zum Ausschluss eines falsch positiven Tests die PCR angeschlossen werden.
Was sagt der Ct-Wert aus? Ct steht für „cycle threshold“, also dafür, wie viele Zyklen der Verstärkung in der PCR notwendig sind, um das Virus nachzuweisen. Bis zu einem Wert von 36 und darunter gilt das Virus oder Reste davon labortechnisch als nachgewiesen. Bei Testung eines Verdachtsfalls mit einem Ct-Wert größer 30, muss dieser jedenfalls in Quarantäne, weil davon ausgegangen wird, dass der Beginn einer Erkrankung vorliegt. Nach durchgemachter Erkrankung ist neben 48 Stunden Symptomfreiheit ein negativer PCR-Test oder ein Ct-Wert größer 30 Voraussetzung, um die Quarantäne zu beenden. Die Regelung zum Ct-Wert größer 30 gilt ausschließlich für Personen, die die Quarantäne durchlaufen haben.
Wie verlässlich/aussagekräftig ist ein solcher Test? Da die PCR die Referenzmethode ist, müssen sich alle anderen Methoden daran messen.
Was muss ich tun, wenn mein PCR-Test positiv ausfällt? Die Quarantänebestimmungen des Ministeriums unbedingt einhalten, selbst wenn das offizielle Schreiben auf sich warten lassen sollte.
Der Antigenschnelltest
Wie wird die Probe genommen, und was wird hier gemessen? Hier werden Strukturen des Virus nachgewiesen (Antigene), gegen die Antikörper im Labor gebildet wurden. Es erfolgt ein qualititativer Nachweis: Wird ein Schwellenwert von Antigenen überschritten, wird ein Streifen im Test sichtbar. Bei der Probenentnahme gibt es verschiedene Varianten. Beim Nasopharynxtest wird die Probe mittels Nasenrachenabstrich entnommen, beim Anterionasaltest („Nasenbohrtest“, der nun auch in den Schulen zum Einsatz kommt) nur aus dem vorderen Nasenbereich.
Wer darf diese Untersuchung durchführen? Den Nasopharynxtest eigentlich nur Ärzte und Ärztinnen sowie qualifiziertes medizinisches Personal. Im Rahmen der zeitlich begrenzten Coronagesetzgebung werden nun auch Apotheken herangezogen. Die so genannten Wohnzimmertests (Anterionasaltest, Spucktest) sollten laut Hersteller ebenfalls von medizinischem Personal durchgeführt werden, werden in der Praxis aber eben selbst angewandt. Ergebnis beziehungsweise Qualität können daher stark von der exakten Einhaltung der Testvorschriften abhängen.
Wie erfolgt die Auswertung der Probe? Durch einen Streifen mit Farbreaktion, ähnlich einem Schwangerschaftstest.
Wie lange dauert die Auswertung? Alles inklusive zirka 20 Minuten.
Wie verlässlich/aussagekräftig ist solch ein Test? Bin ich dann sicher positiv oder negativ? Diese Tests wurden nur an symptomatischen Patienten hinsichtlich ihrer Sensitivität geprüft. Ein negativer Test schließt die Infektiosität nicht gänzlich aus. Die PCR ist dafür wesentlich besser geeignet, aber aufwändiger und teurer. In einer kurzen Evaluierung kam die AGES zur Ansicht, dass bei asymptomatischen Patienten nur knapp 41 Prozent der beim Gurgeltest (PCR) als positiv ausgewiesenen Personen auch im Anterionasaltest als positiv erkannt werden. Aber immerhin können diese 41 Prozent, die sonst unerkannt als Infektionsherd wohl andere anstecken würden, einer Quarantäne zugeführt werden.
Was muss ich tun, wenn dieser Schnelltest positiv ausfällt? 1450 verständigen und unbedingt eine PCR anschließen, weil die Spezifität des Schnelltests nicht ausreicht. Ein positives Ergebnis kann auch durch etwas anderes als das Sars-Cov2-Virus ausgelöst werden.
Der Antikörpertest
Was wird hier genau gemessen? Dabei wird bestimmt, ob der Körper nach Impfung oder Infektion Abwehrstoffe, sogenannte Antikörper, gebildet hat. Man unterscheidet Antikörper gegen Nucleokapsid-Antigene und solche gegen Spike-Antigene. Mit dem Spike haftet sich das Virus an die menschliche Zelle, daher ist davon auszugehen, dass Antikörper gegen Spike-Antigene einen Schutz gegen Infektion bilden können.
Welche Untersuchung ist dafür nötig? Eine Blutabnahme in einem Labor.
Wer darf Antikörpertests durchführen? Fachärztliche Labors.
Was sagt das Ergebnis aus? Ein hoher Titer wird als Hinweis angesehen, dass man im Moment vor einer Infektion geschützt ist. Wie hoch dieser Titer bei in Zukunft auftretenden Mutationen sein muss, wird sich erst weisen. Leider ist noch unbekannt, wie lange diese in ausreichender Menge gebildet werden und ab wann eine Auffrischungsimpfung notwendig sein wird.
Ist es ratsam, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen, wenn man Antikörper hat? Kommt es dabei auch auf die Menge an? Die derzeitige Empfehlung in Österreich lautet, sich auch nach einer Infektion mit nachfolgender Antikörperbildung impfen zu lassen.
