Über die Liebe

Um zu lieben, benötigt es Präsenz. Und vor allem benötigen wir Selbstliebe. Bedingungslose Selbstliebe.

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Lisa Prutscher unterrichtet Yoga und arbeitet unter anderem als Ernährungstrainerin. Sie betreibt die Website »yogashelanu.com und unterrichtet »Yogastunden on- und offline.

Wie gut ist es, wenn wir zu nahe beieinander stehen? Wie viel Platz und Raum braucht ein Mensch? Und ist das ein individuelles oder allgemeines ungeschriebenes (Liebes-)Gesetz?
Nähe und Distanz sind allgemein wichtige Themen. Gerade in der letzten Zeit, in der wir viel soziale Distanz erlebt haben, ist es sinnvoll, sich mit Fragen wie den folgenden zu beschäftigen: Wie drücken wir aus, wenn wir Raum brauchen, und wie, wenn wir Nähe suchen? Wie, wenn wir Zurückweisung erleben? Und wann bemerken wir, wenn wir jemanden dazu bringen, uns zurückzuweisen, zum Beispiel, indem wir selbst eine bestimmte Stimmung mitbringen und dann aufgrund unserer Erwartungshaltung an unser Gegenüber enttäuscht sind, wenn darauf nicht die erwartete Resonanz folgt?
Was dadurch entsteht, ist ein Ungleichgewicht zwischen zwei Menschen. Etwa, wenn ein Mensch viel Energie mitbringt und der andere gerade weniger davon hat. Dann folgen gerne Worte wie: Immer ist das so. Er/ Sie wird sich nie ändern. Das hat einen immer schon gestört …

Um zu lieben, braucht es Präsenz.

Wenige nehmen sich den Moment, um zu realisieren, was man selbst gerade braucht, damit wir uns selbst verstehen können und es so auch unserem Gegenüber ausdrücken können, statt es zu kritisieren. Und wenn das mit dem Partner, der Partnerin gerade nicht möglich ist, ist es das dann vielleicht allein?
Wir bleiben meist nicht im Moment, obwohl das doch so hilfreich wäre, um zu erkennen, dass der/die andere gerade etwas anderes braucht als wir selbst.
In diesen Momenten weiß ich, dass ich Rückzug auf meiner Matte finde. Ich setze mich auf die Weise, wie ich sie in meinem letzten Beitrag beschrieben habe, und schließe entweder die Augen oder fokussiere einen Punkt. Dann beobachte ich die Gefühle, die gerade wahrnehmbar sind, bevor ich auf mein Gegenüber gedankenlos in der Emotion reagiere. Und dabei handelt es sich um ein Reflektieren und nicht um ein Reagieren!
Um zu lieben, braucht es Präsenz. Was bedeutet Präsenz? Das Da-Sein für uns selbst und andere. Einfach da sein. Dazu benötigt jedes Individuum etwas anderes, aber vor allem benötigen wir bedingungslose Selbstliebe.
Aus einem Seminar habe ich mitgenommen, dass wir jeden Tag neu beginnen, jeden Tag mit unseren Gedanken, unseren Worten und unseren Taten selbst beeinflussen können. Alles weitere ist Übung. Dann kommt alles zu dir, und zwar zum richtigen Zeitpunkt.

Bald ist Tu B’Av, das Fest der Liebe, und dieser kleine, feine Feiertag beinhaltet das Erinnern an die Liebe, an das große Ganze.
Wie wäre es, dieses Jahr das Fest der Liebe so zu gestalten, dass die Präsenz im Vordergrund steht? Dabei geht es weniger um Materialismus und Konsum und mehr um das Miteinander der Liebenden. Wer es gerne mit anderen feiern möchte, kann planen, etwas Gemeinnütziges zu tun oder jemand anderen mit Präsenz zu beschenken. Und wer es allein feiert, beschenkt sich eben selbst mit Liebe.

Wie drücken wir aus, wenn wir Raum brauchen?
Und wie, wenn wir Nähe suchen?

Es kann auch eine Meditation, eine Yoga-Einheit, etwas mit Liebe Zubereitetes, Selbstgekochtes, eine Wanderung und so vieles mehr sein.
Wichtig dabei ist, alles andere – die 19 Hochzeiten, auf denen wir alle immer gleichzeitig tanzen wollen – an diesem Tag auf später zu vertrösten. Es geht darum, die Präsenz und Liebe mit uns selbst und unserem Umfeld für einen bestimmten Zeitraum zu teilen. Selbstverständlich zählen dazu keine Notfälle, den gesunden Menschenverstand behalten wir uns tagtäglich.

Zum Abschluss ein Aufruf des Malers und Dichters Khalil Gibran: Liebt einander, aber macht die Liebe nicht zur Fessel: Lasst sie eher ein wogendes Meer zwischen den Ufern eurer Seelen sein. Singt und tanzt zusammen und seid fröhlich, aber lasst jeden von euch allein sein. So wie die Alten einer Laute allein sind und doch von derselben Musik erzittern. Und steht zusammen, doch nicht zu nah. Denn die Säulen des Tempels stehen für sich. Und die Eiche und die Zypresse wachsen nicht im Schatten der anderen.

 

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