„Es gibt keinen Weg zum Frieden – denn der Frieden ist der Weg“ Mahatma Gandhi

„Die Menschen in der Ukraine dürfen nicht im Stich gelassen werden, unter Beschuss, in den zu Bombenkellern umfunktionierten Metrostationen, auf der Flucht. Europa ist für sie mitverantwortlich. Österreichische PolitikerInnen, die nach wie vor bereit sind, für Putin zu arbeiten, desavouieren die österreichische Demokratie. Gut, dass Christian Kern das erkannt hat. Wo bleiben die Reaktionen der anderen?“

Julya Rabinowich, 1970 in Leningrad geboren, lebt seit 1977 in Wien.

„Die „Entnazifizierung“ der Ukraine Ich komme ursprünglich aus Russland, meine Vorfahren stammen aus Belarus, ich habe Verwandte in Russland, der Ukraine, in Belarus, in Österreich, Deutschland, den USA, Australien, Israel und noch in einigen anderen Ländern. Wir alle sind schockiert, fassungslos, verängstigt und verstört ob des Krieges, den Putin gegen die Ukraine führt. Hatten wir ernsthaft gedacht, dass es so weit kommen könnte? Nein. Haben wir es befürchtet? Gewiss. Man wusste, dass Putin ein Psychopath ist, man wollte es aber aus Gründen des Selbstschutzes nicht wahrhaben. Besonders niederträchtig ist das Ausspielen der „jüdischen Karte“ im allgegenwärtigen Propagandapoker dieses Krieges. Zu einer „Entnazifizierung“ soll die Ukraine gezwungen werden? Wirklich? Der ukrainische Präsident Zelenskij ist doch selbst jüdischer Herkunft mit Russisch als Muttersprache! Der frühere Ministerpräsident der Ukraine Hrojsman ist ebenfalls Jude. Soll also die Ukraine von einer „faschistischen, jüdischen Junta“, wie sie oft bezeichnet wurde, befreit werden? Wie immer man es drehen und wenden mag, „die Juden“ spielen in der Propagandaschlacht eine wesentliche Rolle. Dies ist genauso absurd, wie alle vermeintlichen „Gründe“ für diesen Krieg. Sehr real ist allerdings das Leid der Bevölkerung – die Verletzungen und Traumata, die noch Jahrzehnte und Generationen nachwirken werden, der Hass, der schnell erzeugt wird, aber nur sehr langsam vergeht, die Ohnmacht und die Demütigung, die das Selbstverständnis und die Kultur einer ganzen Bevölkerung prägen wird. Der Krieg gegen die Ukraine ist der Anfang vom Ende des Putin-Regimes. Zweifellos wird die russische Armee die ukrainische Armee in den nächsten Tagen besiegen, das Land erobern, wenn auch unter höheren Verlusten als erwartet, und dort ein Marionetten-Regime von Putins Gnaden errichten. Die ukrainischen Quislinge werden unter dem Schutz russischer Gewehre das Land „regieren“, sprich, ihre Befehle aus Moskau empfangen. Der Widerstand breiter Teile der ukrainischen Bevölkerung gegen die Okkupanten und ihre Kollaborateure, der von bewaffnetem Untergrundkampf bis zu passiver und kultureller Resistenz reichen wird, wird aber schließlich so viele Opfer kosten, dass das Putin-Regime daran zerbrechen wird. Schon jetzt will die Mehrheit der Menschen in Russland diesen Krieg NICHT, und wenn die Ukraine für Russland zu einem zweiten Afghanistan wird, werden die Menschen in Russland auch Putin und sein autoritäres Regime nicht mehr wollen.“

Vladimir Vertlib, 1966 in Leningrad geboren, seit 1971 in Österreich

Ich bin ein Viertel Wiener, ein Viertel Russe, ein Viertel Weißrusse und ein Viertel Ukrainer. Momentan fühlt es sich so an, als würde jemand versuchen, irgendwie einen Teil oder mehrere aus mir herauszubrechen oder herauszusägen. Es fühlt sich so an, als wäre es draußen nicht 2022 sondern 1941. Ein beklemmendes, grauenvolles, furchterregendes Gefühl. Meine Gedanken sind ganz bei meinen Freunden Verwandten und Bekannten in der Ukraine. Aber auch bei all den vielen Leuten in Russland, die genauso wie ich gegen den Krieg sind.“

Aliosha Biz, 1970 in Moskau geboren, lebt seit 1989 in Wien und hat eine Wiener Großmutter

Was hat die Menschheit aus der Geschichte gelernt? Das frage ich mich immer und immer wieder. … Wir Musiker versuchen ja die Friedensbotschaft über das Transportmittel Musik zu vermitteln. Leider werden wir nicht immer gehört, die Herzen der Mächtigen bleiben oft verschlossen, taub. Aber das Volk – auf beiden Seiten – wünscht sich keinen Krieg. Die Menschen dort hätten schon vor 30 Jahren die Hilfe des Westens gebraucht. Nun frage ich mich, ob es sie überhaupt gibt, die uneigennützige Hilfe in der Politik. Und jetzt? Worte sind leider nicht genug, wenn Panzer rollen. Ich denke an euch, meine Freunde in der Ukraine und in Russland. Möge der Wunsch nach Frieden über das Streben nach Macht siegen!

Roman Grinberg, 1962 im heutigen Moldawien geboren, lebt seit 1975 in Österreich.

„Ich wurde in der UdSSR geboren, lebte bis 1999 in Russland und dann nach der Alija bis 2007 in Israel, bevor ich nach Österreich kam. Meine Familie hat auch ukrainisch-jüdische Wurzeln, aber laut Ex-Pass bin ich Russe. Kompliziert, oder? Was nicht komplex ist, ist das, was in der Ukraine passiert – die russische korrupte Elite unter der nicht legitimen „Führung“ Putins führt Krieg gegen einen unabhängigen Staat im Herzen Europas und will ihn „entnazifizieren“ und „befreien“ – während der Präsident der Ukraine selbst Jude ist, was für ein Déjà-vu aus der Geschichte … Millionen stehen unter Beschuss oder fliehen vor der russischen Invasion und ich hoffe, dass unsere Leser verstehen, was die nächsten Schritte der russischen/weißrussischen Invasion in Europa sein werden. Ich appelliere heute an Sie – unterstützen Sie die Ukraine in jeder sozialen, materiellen, finanziellen oder sonstigen Weise, die Ihnen möglich ist, damit sich 1938 nicht wiederholt, damit wir nicht in einigen Tagen/Wochen in Orwells „1984“ aufwachen. Wir als Juden haben es 1938 nicht kommen sehen, jetzt sind alle Fakten wieder da. Haben wir schon aus der Geschichte gelernt?“
Yuri Berg, 1985 in Sibirien geboren, lebte bis vor kurzem in Wien und arbeitet nun seit einigen Monaten in der Schweiz.

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