Die legendäre Journalistin Barbara Coudenhove-Kalergi schrieb unter anderem für Die Presse, Kurier und Profil und war jahrelange Osteuropa-Korrespondentin des ORF. Mit dreizehn Jahren verließ sie als Flüchtling unter Lebensgefahr ihre Geburtsstadt Prag. Redaktion & Fotografie: Ronnie Niedermeyer
WINA: Ihre Familie hat das heutige Europa mitgeprägt; ein Europa, das in den letzten Jahrzehnten viele Kriege und Krisen überwunden hat. Einigen Tausend Kriegsflüchtlingen Asyl zu gewähren, dürfte für diese Staatengemeinschaft doch ein Klacks sein. Warum also droht Europa deswegen auseinanderzufallen?
Barbara Coudenhove: Ein Klacks ist die Flüchtlingswelle nicht, obwohl im Jahre 1945 acht Millionen Flüchtlinge in Europa anwesend waren, weit mehr als heute. Ich denke, dass die Veränderungen, die Europa bevorstehen, vor allem den Bürgern der kleineren Staaten Angst machen. Die Europäische Union ist eben doch kein einheitliches Gebilde, sondern ein Zusammenschluss von Nationalstaaten. Und diese fürchten um ihre Identität, um die viele, etwa die Polen, die Litauer, auch die Ungarn, lange gekämpft haben. Insofern steht Europa heute tatsächlich an einem Wendepunkt.