Vom Leben in lustigen Zeiten

Eigentlich sollte diese Kolumne leichtfüßig und unterhaltsam sein. Aber irgendwie gelingt mir das gerade nicht.

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Ich weiß, ich weiß, diese Kolumne sollte eigentlich etwas Leichtfüßiges sein. Etwas, das zum vergnügten Schmunzeln anregt. Etwas für reine Seelenerheiterung eben. Ich muss zugeben, das fällt mir derzeit leider recht schwer. Wäre die Welt mit mir in einer Beziehung, würde ich der Welt jetzt mit leise stockender Stimme flüstern müssen: Es liegt nicht an dir, es liegt an mir! Aber unser (der Welt und meiner) Beziehungsstatus ist im Augenblick eben leider auf „es ist kompliziert“ umgestellt worden. Ich beteure, das war nicht mein Wunsch! Wirklich nicht. Wir wollten doch leicht und fluffig und lustig sein! Leichtfüßigkeit ist eigentlich mein zweiter Name, vor allem, was das physische Gewicht anbelangt, ich trage vor lauter Leichtfüßigkeit ab und an sogar ein Doppelkinn, damit sich das Lächeln wirklich auszahlt, mit einem einzigen Kinn lächeln ist ja keine echte Herausforderung. Mein Vorbild für das leichte Leben ist überhaupt Beth Ditto, dieses unglaubliche Stehaufmädchen, das ein aus Düsternis der Kindheit und Jugend destilliertes und wirklich schönes Werk hingelegt hat.

Gut, das mit der Frauenhochzeit lasse ich im Unterschied zu Beth lieber aus, mir hat ja schon eine schiefgegangene Ehe nach entsprechender Hochzeit mit Mann genügt, und mit Frau würde das Ganze auch nicht leichter werden, und wir sind ja, sehr geehrte Damen und Herren, auf der Suche nach der unerträglichen Leichtigkeit des Seins. Für Sie, für mich, für diese Kolumne. Also suchen wir! Aber wer sucht, der findet: alles Mögliche und Unmögliche, das absolut nicht leichtfüßig ist. Gesellschaftlich, in der Innenpolitik, in der Außenpolitik und zwischen Frauen und Männern und allen, die sich dabei sonst noch angesprochen fühlen. Elon Musk will vermutlich ja immer wieder lustig sein, er versucht es auch immer wieder von vorne, allerdings nur als Horrorclown. Kickl versucht das nicht einmal mehr, er ist lieber gleich Horror, ganz ohne Clown. Nicht lustig, schreit mein vorinstalliertes Leichtfüßigkeitsradar, schon wieder: nicht lustig!! Dass Menschen, die sich eigentlich aufrichtig für Menschenrechte starkmachen wollen, sich plötzlich als die allergrößten Fans von Terrororganisationen wie der Hamas entpuppen als einziges riesengroßes, faules Überraschungsei ist vielleicht unterhaltsam, aber nur innerhalb des Spruches „Surprise your friends, amuse your enemies“. Und es ist auch dann nicht lustig, wenn es sich um die eigenen Freunde und Freundinnen handelt. Nein, überhaupt nicht lustig. Erneut.

Es ist wirklich, wirklich kompliziert, wenn man in solchen Zeiten lebt, die der chinesische Fluch üblicherweise mit „interessant“ umschreiben würde. Ich würde da noch daran feilen, dieser Terminus ist doch ganz offensichtlich komplett veraltet und unpassend geworden wie ein Kostüm der Urgroßmutter, das überall zwickt und reißt. Die Zeiten, in denen wir leben, sind – frei nach dem Fluch – sehr lustig. Und das wiederum ist ja doch noch eine Erlösung! Allerdings nur für diese eine Kolumne. Sonst, fürchte ich, für absolut nichts und für niemand.

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