Arthur Koestler ist DER große Abenteurer der europäischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Sein Leben, sein Werk und seine politischen Ansichten schillerten stets zwischen den Extremen. Er starb heuer vor 30 Jahren. Von Giora Zurel.
Im Oktober 1925 verbrannte Arthur Koestler sein Studienbuch. Er stand am Beginn des siebenten Semesters, kurz vor dem Abschluss seiner Studien an der Wiener Technischen Hochschule (heute Technische Universität Wien). Aber er fand das Bauen von Maschinen oder Generatoren viel zu langweilig im Vergleich zum Aufbau eines neuen Staates. Seit dem Beginn seines Studiums war er Mitglied der jüdischen schlagenden Verbindung Unitas. 1924 lernte er Vladimir Jabotinsky kennen und wurde Anhänger der zionistischen Bewegung der Revisionisten. Gemeinsam mit einigen Freunden gründete er die Wiener Zweigstelle dieser Bewegung.
Ein halbes Jahr nach dem Abbruch des Studiums landete er in Palästina. Er wollte für einige Zeit einem Kibbuz beitreten. Aber nach der Probezeit von etwa einem Monat im Kibbuz Hefziba wurde er abgelehnt. Zu oberflächlich – weil nur für einige Zeit – und politisch dubios – weil Revisionist. Die nächsten Monate schlug er sich mit Hungerberufen und mit Unterstützung seiner revisionistischen Bekannten durch. Schließlich bekam er die Stelle eines Nahost-Berichterstatters für die Verlagsgruppe Ullstein. Das war der Beginn seiner lebenslangen schriftstellerischen Tätigkeit.
1928 wurde er, neben seiner Arbeit für die Ullstein-Presse, Mitarbeiter bei Jabotinskys Jerusalemer Zeitung Doar Hayom. Für diese Zeitung entwickelte er eine Unterhaltungsbeilage mit Schachspielen, Preisausschreiben, Rätseln usw. Er schuf auch die ersten heb-räischen Kreuzworträtsel. Er sprach zwar recht gut Iwrit. Für alles Schriftliche brauchte er aber die Hilfe von Leuten, die die Sprache beherrschten. Bei der Gestaltung der Kreuzworträtsel half ihm ein hebräischer Philologe. Bei der Namensgebung war klar, dass man das Wort Kreuz (zlaw) nicht verwenden durfte. Man war ja in Jerusalem. Sie einigten sich, das Kreuzworträtsel hidut hamoach, Gehirnakrobatik, zu nennen. Dieser Name hat sich nicht durchgesetzt: Heute heißt das Kreuzworträtsel taschbez (so viel wie Quadratur).
Vom Kommunisten zum Revisionisten
1929 verließ Koestler Palästina und ging im Dienste des Ullstein-Verlags nach Frankreich. Es folgten seine kommunistische Phase (1931–1938), sein Abenteuer im Spanischen Bürgerkrieg und sein spektakulärer Bruch mit dem Kommunismus. Nach Internierung in Frankreich und abenteuerlicher Flucht kam er schließlich nach England. 1941/42 diente er in der englischen Armee. Die Verfolgung und Ermordung der Juden durch die Nazis und die sehr restriktive Einwanderungspolitik der Engländer in Palästina machten ihn zu einem überzeugten Parteigänger der Revisionisten und ihrer Untergrundorganisation Irgun (auch unter dem Namen Etzel bekannt).
Zwischen 1942 und 1948 war Koestler mehrmals in Palästina/Israel. Insgesamt waren es eineinhalb Jahre. In dieser Zeit hat er den Irgun mit Worten und Taten unterstützt. Aus seinem (unveröffentlichten) Tagebuch geht hervor, dass er zumindest einmal, 1945, Material des Irgun an der Zensur vorbei ins Ausland geschmuggelt hat. 1946 veröffentlichte er den Roman Diebe in der Nacht. Darin kritisiert er den Kibbuz und nimmt eindeutig für den Irgun Stellung. Als er im Juni 1948 als einer der ersten Besucher nach Israel kam, wurde er daher von der regierenden Linken heftig kritisiert. Die Palestine Post titelte Koestler against Israel, Ben Gurion warf ihm in einem Interview vor, er verstehe gar nichts und sei gar kein Jude. Die Kommunisten streuten Gerüchte aus, er sei ein amerikanischer Spion. Nach seiner Rückkehr nach England im Oktober 1948 verfasste er das Buch Promise and Fulfillment – Palestine 1917–1949. In diesem Werk dokumentiert er das Agieren der Engländer von der Balfour-Deklaration bis zum Abzug aus Palästina. Besonders hart geht er dabei mit der seit 1945 herrschenden Labour-Regierung ins Gericht. Im letzten Teil des Buches zeichnet er ein Bild der politischen und kulturellen Landschaft des gerade entstandenen Staates. Seine Forderung nach Aussöhnung von Haganah und Irgun wurde nicht erhört. Auch seine Vorschläge für Latinisierung des Hebräischen, Reform des Schulwesens und Trennung von Religion und Staat fanden kein Gehör. So groß wie seine ursprüngliche Begeisterung war dann seine Enttäuschung.