Israel kämpft, so wie viele europäische Länder, mit dem Problem der afrikanischen Flüchtlinge. Ein Zaun an der Grenze zum Sinai und immer neue Regelungen und Gesetze sollen die „Infiltranten“ abschrecken. Doch in manchen Städten sind ganze Stadtviertel von den Afrikanern geprägt. Ihre Kinder versuchen, die Traumata hinter sich zu lassen, und wachsen bereits wie Israelis auf. Von Daniela Segenreich-Horsky
Lucianos* Zeichnung ist farbig, aber chaotisch, drei mit vielen übereinanderliegenden Linien gezeichnete Figuren ohne Arme, aber mit riesigen Monsteraugen. Eine Figur schwebt wie ein Geist über den anderen: „Das bin ich“, sagt er. Luciano ist sieben Jahre alt. Er wurde von der „Mesilla“-Station, dem für die Flüchtlinge in Tel Aviv eingerichteten Sozialdienst, in Kunsttherapie geschickt, weil er extrem hyperaktiv ist und in der Schule keine Sekunde still sitzen kann. Hyperaktivität ist oft eine Folge von Trauma und emotionaler Belastung. Luciano und seine Mutter Mary* kamen, wie die meisten Flüchtlinge, vom Sudan über den Sinai nach Israel. Was mit dem Rest der Familie geschehen ist, mit Marys Schwester, ihren Eltern und mit Lucianos Vater, wissen die beiden nicht. Sie haben während der Monate, die sie im Sinai von den Schleppern festgehalten wurden, Schlimmes erlebt. Doch Mary spricht nicht gerne darüber, sie spricht überhaupt kaum, lächelt still und wirkt dennoch ein wenig depressiv, hilflos und verloren und scheint völlig überfordert von ihrem hyperaktiven Sohn.