Traditionell setzen sich Universitäten vor allem mit dem rechten Antisemitismus auseinander. Der linke Antisemitismus beziehungsweise der israelbezogene Antisemitismus, aber auch die Judenfeindlichkeit von muslimischer Seite sind eher im Bereich von politischen Initiativen Thema. In Aachen will man sich nun „mit allen Erscheinungsformen des Antisemitismus“ befassen, wie Grigat betont. Besonderes Augenmerk soll dabei aber auf den israelbezogenen und den islamischen Antisemitismus gelegt werden.

Ersterer sei vor allem in der Linken anzutreffen, zweiterer sei in der politischen Rechten ein Thema, in der Linken gebe es allerdings Hemmungen, diesen zu thematisieren, „weil immer die Angst da ist, man könnte in Rassismus abgleiten“. Grigat erklärt, hier gehe es auch darum, gegen Irrwege spezifischer Ausformungen eines Pseudoantirassismus aufzutreten. Was er damit meint? Eine gewisse Form der Identitätspolitik, der es nur mehr um Anerkennung und nicht mehr um gesellschaftspolitische Rassismuskritik gehe.

Die Hochschule ist eine kirchliche – wie sieht es da mit christlichem Antisemitismus aus? „Nach meiner Überzeugung muss für ein Centrum an einer deutschen Hochschule in katholischer Trägerschaft das Eingeständnis der Schuld von Deutschen und Christen und Christinnen für die Shoah und die damit verbundene historische Verantwortung leitend sein“, sagt dazu Spetsmann-Kunkel. Anders als andere Einrichtungen an Hochschulen positioniert sich das CARS dabei nicht nur als Forschungsstelle, man bezieht auch Position.


Besonderes Augenmerk soll dabei auf den israelbezogenen und den islamischen Antisemitismus gelegt werden.

 

Dazu Spetsmann-Kunkel: „Das Centrum erklärt sich solidarisch mit dem Staat Israel und dem jüdischen Volk. Dies beinhaltet – nach meiner tiefsten Überzeugung – auch die Verpflichtung, die Existenz, das Selbstbestimmungsrecht und Selbstverteidigungsrecht Israels zu unterstützen und sich für die Anerkennung Israels durch die arabischen Nachbarn einzusetzen. Die Mitglieder des Centrums verurteilen jegliche Form von Antisemitismus. Das schließt den israelbezogenen Antisemitismus ein.“

All das wird sich auch im Tätigkeitsbereich des Centrums widerspiegeln. Einerseits soll es projektbezogene Forschung geben, anderseits Publikationen. Die erste wird sich mit den unterschiedlichen Erscheinungsformen des israelbezogenen Antisemitismus befassen, kündigt Grigat an. Im Rahmen seiner Professur wird er vor allem aber auch lehren. An der Hochschule werden künftige Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen ausgebildet. Sie für Antisemitismus und Rassismus zu sensibilisieren, sei „ein drängendes Thema: Die Sozialarbeit ist aktiv mit dem Thema konfrontiert.“ Wichtig sei es da etwa auch, über die Geschichte des Nahostkonflikts Bescheid zu wissen. Theoretischer Bezugspunkt soll dabei die Kritische Theorie sein und damit die Ideenwelt von Theodor W. Adorno und Max Horkheimer.

Das CARS will sich aber auch mit Einrichtungen und Organisationen international vernetzen, beispielsweise mit dem Institute for the Study of Contemporary Antisemitism an der University of Indiana in Bloomington und dem in Gründung begriffenen London Center for the Study of Contemporary Antisemitism. Auch mit zivilgesellschaftlichen Institutionen und antisemitismuskritischen Initiativen wie der Amadeo Antonio Stiftung und der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismusstelle (RIAS) in Deutschland oder MENA Watch in Österreich kann Grigat sich eine Zusammenarbeit gut vorstellen. „Wenn es um eine Kritik des Antisemitismus einerseits und eine adäquate Darstellung des Nahostkonflikts andererseits geht, wären das naheliegende Kooperationspartner.“ Eine enge Zusammenarbeit wird es zudem mit dem Gordon College in Haifa geben, einer der ältesten Lehrerausbildungsstellen in Israel. Ein Vertrag über die konkrete künftige Zusammenarbeit ist dazu derzeit in Ausarbeitung. Ein Fokus dieser Kooperation soll jedenfalls im Bereich Holocaust Education liegen.

katho-nrw.de/forschung-und-transfer/forschungsinstitute/centrum-fuer-ant

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here