„Wenn es um Kunst geht, ist Wien unschlagbar“

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Im November startet die Ausstellung des amerikanischen Künstlers Andrew M. Mezvinsky im Jüdischen Museum. wina traf ihn zu einem Gespräch in seinem Studio in Wien.
Von Iris Lanchiano, Fotos: Daniel Shaked

Aus den Boxen ertönt Musik aus den 20er-Jahren, an der Wand hängen Skizzen, mit Bleistift gezeichnet, großflächige Installationen lehnen gegen die Wand. Mit einem breiten Lächeln empfängt uns der Künstler in seinem Studio in Mariahilf. Andrew M. Mezvinsky bereitet sich auf seine nächste Ausstellung mit den Titel A Good Day vor. Der in Philadelphia geborene Mezvinsky gehört zu den großen Hoffnungen der zeitgenössischen Kunstszene.

„Ist das ein Mensch?“

Die Ausstellung A Good Day – Installationen von Andrew M. Mezvinsky basiert auf den Schriften des italienischen Wissenschaftlers und Schriftstellers Primo Levi. Mezvinsky nähert sich der Thematik von Levis autobiografischem Werk Ist das ein Mensch? über das Überleben in Auschwitz auf intelligente und durchdachte Art und Weise.

Studio in der Mariahilfer Straße. Innerhalb von 24 Stunden bekam er ein Jobangebot und eine Wohnung in Wien. „Wenn das Schicksal dich so begrüßt, kannst du nicht nein sagen.“
Studio in der Mariahilfer Straße. Innerhalb von
24 Stunden bekam er ein Jobangebot und eine Wohnung in Wien. „Wenn das Schicksal dich so begrüßt, kannst du nicht nein sagen.“

„Die Idee wurde geboren aus Primo Levis Gedanke, dass man, wenn der Frühling kommt, einen Feind weniger hat und sich wieder ein Stück weit wie ein Mensch fühlt – trotz der schrecklichen Bedingungen. Ich habe versucht, Auschwitz nicht in den Fokus zu stellen. Wenn man die geschichtlichen Hintergründe nicht genau kennt, könnte man diese Werke trotzdem als ein besonderes Stück über den Frühling betrachten. Mit dem Wissen über Primo Levis Geschichte bietet es noch einen weiteren Ansatz des Verständnisses. Ich wollte mit meinen Werken die Levis (Juden von Stamm der Leviten) auf der ganzen Welt verbinden. Dafür habe ich original Levis-Jeansstoff verwendet und Wiener Levis wie Rami Unger Klein, Zvi Heller und Arie Bohrer darauf porträtiert.“

Seit acht Jahren beschäftigt sich Mezvinsky mit der Malerei auf verschiedenen Materialien. Durch die holländische Malerei des 18. Jahrhunderts kam er zu den Traditionen von Bildwirkerei und Tapisserie, also sowohl die Technik des Einwirkens von Bildern und Motiven in ein textiles Flächengebilde als auch das Erzeugnis dieser Technik. Dies zusammen sollte ihm die Möglichkeit geben, ein noch bedeutungsvolleres Werk zu erzeugen.

Seine Oma brachte ihn zur Kunst

Bereits mit acht Jahren war  Mezvinskys Berufswunsch klar. Seine Großmutter war eine sehr begabte Aquarellmalerin und besuchte die erste Kunstschule für Frauen in Phila­delphia. Sie brachte ihm schon früh das Malen mit Wasserfarben bei. Er entdeckte sein Talent und wollte von nun an nicht nur irgendeine Blume malen, sondern die schönste. Mit zehn Jahren hatte er bereits sein erstes Bild verkauft. Später studierte er an der Kunsthochschule in Glasgow.

Per Anhalter durch die Wüste

Seine Liebe zum Reisen hat Mezvinsky stets mit seiner Arbeit verbunden. Als er per Anhalter durch Europa, Indien und die Wüste Gobi reiste, wollte er seine Dankbarkeit künstlerisch ausdrücken. Als Dankeschön fürs Mitnehmen malte er den Fahrern ein „Thank you“-Bild. „Oft saßen wir stundenlang nebeneinander. Manche haben mir ihre Lebensgeschichte erzählt, andere haben geschwiegen. Da ich nicht der große Redner bin, habe ich ihnen ein Bild gemalt und es ihnen beim Aussteigen geschenkt. Vielen Fahrern habe ich angesehen, dass sie zwar dankbar waren, aber nicht viel mit dieser Geste anfangen konnten.“

Das Spiel mit der Maske

Recherchearbeiten während seines Studiums brachten ihn oft nach Italien. Dort hatte er sich mit der Geschichte der venezianischen Maske auseinandergestetzt, die sich immer wieder in seinen Werken spiegelt. „Viele wissen nicht, dass die spitze, venezianische Maske einen rassistischen Hintergrund hat und aus der Zeit des jüdischen Ghettos in Venedig stammt. Als jüdischer Künstler bewege ich mich gerne zwischen Satire und Stereotypen.“

Der Weg nach Wien

Vor fünf Jahren lernte Mezvinsky Franz West bei der Kunstmesse Art Basel kennen. Innerhalb von 24 Stunden bekam er ein Jobangebot und eine Wohnung in Wien durch einen Bekannten. „Wenn das Schicksal dich so begrüßt, kannst du nicht nein sagen.“ So kam er nach Wien, wo er bis heute lebt und arbeitet. „Die kulturelle Vielfalt von Wien ist nicht zu schlagen, nicht einmal in New York kannst du jeden Abend in ein klassisches Musikkonzert gehen. Hier kannst du die Oper und den Musikverein für unter vier Euro besuchen. Das macht Kunst für jeden leistbar.“

Zuletzt war Mezvinsky bei der VIENNA FAIR Zone 1 der Galerie Hilger zu sehen.

A Good Day.
Installation von Andrew M. Mezvinsky
Jüdisches Museum am Judenplatz
6. November 2013 bis 2. März 2014.
andrewmezvinsky.com

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