Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister pflegt sowohl in Österreich als auch auf europäischer Ebene den jüdisch-muslimischen Dialog. WINA sprach mit ihm über seine Motivation und darüber, wie islamistischer Extremismus bekämpft und Probleme zwischen den Religionsgesellschaften überwunden werden können.
Von Alexia Weiss
WINA: Warum engagieren Sie sich im jüdisch-muslimischen Dialog?
Rabbiner Schlomo Hofmeister: Ich halte den Dialog mit allen Religionen für wichtig. Wir haben gute Kontakte zu allen Religionsgesellschaften. Gerade der Kontakt zu den Kirchen ist ein wichtiger, historisch und tagespolitisch bedingt. Aber wir stehen auch mit Vertretern der islamischen Gemeinschaft im Dialog. Es gibt natürlich Probleme, die wir nicht ignorieren wollen und können, aber gerade dort, wo es Probleme gibt, muss man auch kommunizieren und versuchen, Lösungen zu finden – und das geht nur gemeinsam.
Was sind das für Probleme?
❙ Das sind einerseits Vorurteile innerhalb der jeweiligen Community dem anderen gegenüber. Andererseits verbinden uns die teilweise sehr ähnlichen Herausforderungen bei der Ausübung unserer jeweiligen Religion als Minderheiten in den heute mehrheitlich christlich-säkular geprägten Gesellschaften der westlichen Welt. Bei Angriffen auf die Religionsfreiheit und dort, wo Versuche unternommen werden, unsere Religionspraxis entgegen unseren eigenen Vorschriften zu regulieren, wie in der notorischen Beschneidungsdebatte, den neuen Schächtvorschriften einiger europäischer Länder, aber genauso bei der in Frankreich seit Jahren äußerst populistisch geführten Diskussion um die Kleidung als „religiöses Symbol in der Öffentlichkeit“, sitzen wir Juden und Muslime im gleichen Boot.
Dazu kommt noch der Generalverdacht der Nicht-Integration, der sowohl der jüdischen Gemeinde, zumindest dem orthodoxen Judentum, vorgeworfen wird als auch dem Islam. Die Frage der gesellschaftlichen Integration bei gleichzeitiger Bewahrung der eigenen religiösen und kulturellen Identität, ist ein besonders spannender Komplex des Austausches, wobei gerade hier die muslimischen Vertreter von uns, der ältesten Religion in Europa, lernen wollen.