Aufgewachsen in Łódź in einer nicht besonders religiösen, dafür sehr bildungsorientierten Familie – Marischa besuchte das Gymnasium –, war sie wie so viele andere Jüdinnen und Juden auch mit der Machtübernahme der Nazis mit einem völligen Bruch ihres Lebens konfrontiert. Die Übersiedlung ins Ghetto war dabei der erste Schock, das Leben dort geriet zu einem tagtäglichen Überlebenskampf. Der jüngere Bruder sollte dort schließlich verhungern, der Vater in ein KZ abgeholt werden, der ältere Bruder war da bereits verschollen, so blieben nur Marischa und ihre Mutter. Doch auch der Mutter ging es immer schlechter.
Als schließlich die beiden Frauen in das KZ Auschwitz deportiert wurden, überlebten sie zwar beide noch den Transport (andere starben bereits im Zug), doch nach der Ankunft wurde die Mutter in der Gaskammer ermordet, während die Tochter für einen Weitertransport zu einem Arbeitseinsatz ausgesucht wurde. „Da sagte sie zu mir, und wahrscheinlich wusste sie, dass sie das nicht mehr schafft, da sagte sie noch zu mir: ‚Du wirst das schaffen.‘ Das waren ihre letzten Worte. Und ihr war klar, dass sie nach links geht und ich nach rechts. […] Und ich kann nicht sagen, ob ich vielleicht die Kraft hätte finden müssen, mit ihr zu gehen … Damit sie nicht allein ist bei der Vergasung.“
»“Du wirst das schaffen.“
Das waren ihre letzten Worte.
Und ihr war klar, dass sie nach links geht
und ich nach rechts.«
Maria König
Interessant ist, wie Maria König im Gespräch mit Antje Leetz schildert, dass sie von ihren Lieben immer nur das Bild des Abschieds im Kopf hat. Die Mutter ihrer Kindheitstage ist aus dem Gedächtnis verschwunden, was blieb war die kranke, abgemagerte Mutter, die kurz darauf ermordet werden sollte. Den kleinen Bruder behielt sie nur auf dessen Sterbebett in Erinnerung, den Vater in jenem Moment, da er abgeholt wurde.
Gleichzeitig schildert sie, wie sie ihr Leben gelebt und ihr Augenmerk dabei immer auf das Hier und Jetzt gerichtet hat: ihre Ehe, ein paar Jahre in New York, die allerdings hart und beschwerlich waren, die Rückkehr nach Europa und dabei bewusst in die DDR, die Möglichkeit dort, zu studieren, zu arbeiten, sowohl für ihren Mann wie auch sie, die Geburt und das Aufwachsen ihres Sohnes, mit dem die Eltern wenig über die NS-Zeit sprachen. Schöne, traurige, jedenfalls aber interessante Einsichten und Ansichten aus einem langen Leben, das durch die Shoah eine jähe Zäsur fand – auf so vielen Ebenen.
