70 Jahre nach seinem Tod taucht ein unbekannter Roman David Vogels auf. Von Alexander Kluy
Die Geschichte klingt abenteuerlich. Da ist 2010 Lilach Netanel, die über den hebräisch schreibenden Schriftsteller David Vogel (1891–1944) promovierte, im Archiv Genazim in Tel Aviv wieder einmal über den dort gelagerten Nachlass dieses Dichters gebeugt. Fängt an, fünfzehn eng beschriebene Papierbögen anzulesen. Und stößt auf ein bis dato unbekanntes, unveröffentlichtes Prosawerk. Versehen mit ihrem Nachwort ist Vogels literarisches Erstlingswerk nun unter dem Titel Eine Wiener Romanze erschienen.
Dass der Aufbau-Verlag schon auf dem Umschlag mit Namen wie Schnitzler, Werfel oder Joseph Roth wirbt, erscheint angesichts der Zeit, in der die amouröse Dreiecksgeschichte des jungen Michael Rost angesiedelt ist, so naheliegend wie ideenfrei: Wien vor 1914. Im Wien vor dem Ersten Weltkrieg kommt der 20-jährige Rost überraschend zu Geld, steigt aus bitterarmen, teils pittoresken jüdischen Kreisen zum mondänen Kavalier auf und unterhält eine Affäre mit seiner verheirateten Zimmervermieterin wie mit deren 16-jähriger Tochter, bevor er beide sitzen lässt.