Wina Editorial

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„Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist derselbe Unterschied wie zwischen dem Blitz und einem Glühwürmchen.“ (Mark Twain)

Welches ist nun das richtige Wort, um sich von 2015 zu verabschieden, und mit welchem kann das Jahr 2016  begrüßt werden?

Die Macht der Worte ist uns allen bekannt. Wenn wir von IS reden, konstruieren wir ein Staatsgefüge, welches es nicht gibt und geben ihren Anführern eine Machtposition, die sie gerne beanspruchen würden. Sagen wir Daesh, meinen wir IS, ziehen dabei aber eine wichtige Trennlinie zwischen Muslimen und Islamisten.  Bezeichnen wir die Attentäter von Paris als Mörder und Kriminelle, so nehmen wir ihnen den Wind aus den Segeln und lassen uns vom Terror nicht einschüchtern. Denn Kriminelle kann man fangen und wegsperren, Terroristen aber erzeugen vor allem Ohnmacht.

Alles was wir mit Worten ausdrücken beeinflusst also unser Denken, Fühlen, Handeln und unser Umfeld. Deshalb denke ich, dass die richtigen Worte zum Abschluss dieses Jahres mit Bedacht gewählt werden müssen. Sie sollen nicht die Angst, nicht die Verzweiflung und nicht die Aggression reproduzieren, die das heurige Jahr gekennzeichnet haben. Und sie sollen auch nicht Krieg, Terror und Trauma heraufbeschwören – Worte, die uns im kommenden Jahr mit Sicherheit begleiten werden.

Nein, ich möchte 2015 mit sinnlichen und genussvollen Wörtern beschließen – mit Wörtern, die ein Lächeln zaubern, die das Herz erwärmen, die schöne Erinnerungen hervorrufen und Hoffnung bringen. Worte wie Friede, Freude, Freunde, Meeresrauschen, Kerzenschein, Sufganiot, Seifenblasen, Schlendern, Geben oder  Kinderlachen. Sie sagen, das ist kitschig? Sie meinen, ich wäre naiv? Sie haben Recht. Und trotzdem wünsche ich Ihnen, wünsche ich uns allen all dieses. Denn sollte das Jahr 2016 das bringen, wovor wir uns fürchten, werden es genau diese Dinge sein, die wir uns herbeiwünschen werden.

Genießen Sie die Wintertage, haben Sie ein wunderbares Chanukka und viel Freude beim Lesen!

Julia Kaldori
Chefredaktion

Bild: Sarah Litman bei ihrer Hochzeit mit Ariel Biegel Ende November in Jerusalem. Ihr Vater und Bruder wurden kurz davor bei einem Terroranschlag in Israel ermordet.
© flash 90

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