Charlotte Knobloch ist in Deutschland angekommen – aus dem sie niemals weggegangen war. Doch nach dem NS-Terror saß sie Jahrzehnte auf gepackten Koffern. Das Gespräch mit der langjährigen Präsidentin der Münchner jüdischen Gemeinde führte IKG-Ehrenpräsident Ariel Muzicant im Gemeindezentrum. Dokumentation: Alexia Weiss
Ariel Muzicant: Sie sind das, was man eine Zeitzeugin nennt, jemand, der die Schoa miterlebt hat. Wie wird man damit fertig, dass Familienmitglieder im KZ umkommen und man selbst im Versteck überlebt hat und nach 1945 zurückgekehrt ist?
Charlotte Knobloch: Wenn man sich zurückversetzt, 1945, die Befreiung, dann kann ich nur aus meinem Erlebten sagen, ich war versteckt auf einem Bauernhof und als der Mai kam, war das für mich natürlich eine Erleichterung, aber ich wollte nicht zurück in dieses nazistische München, auf keinen Fall. Ich war sehr betrübt, weil ich wusste, ich begegne diesen Menschen wieder, die mich angespuckt, diffamiert und ausgegrenzt haben. Ich habe als damals 13-, 14-Jährige nicht geglaubt, dass ich das schaffen würde. Ich musste aber zurück.
Und genau diejenigen, die uns öffentlich beleidigt haben, waren diejenigen, die dann zu meinem Vater – er war ja Anwalt – gekommen sind, damit er ihnen eine positive Bescheinigung ausstellt, wie sie sich zu Juden verhalten haben. Sie brauchten das im Zuge des Entnazifizierungsverfahrens.