Das amerikanische Wirtschaftsbuch Start-up Nation Israel ist jetzt auch auf Deutsch erhältlich. Es analysiert das israelische Erfolgsmodell – spricht aber auch mögliche Bedrohungen in der Zukunft an. Von Reinhard Engel
Wenn ein Grazer, Linzer oder Floridsdorfer Israel bereist und mehr sucht als heilige Stätten oder fröhliche Strände, dann kann er durchaus verwirrt sein. Wo sind die Fabrikhallen, die den Wohlstand des Landes garantieren so wie in anderen modernen Volkswirtschaften? Natürlich gibt es sie auch, aber deutlich seltener als in den alten Industrieländern. Stattdessen finden sich Hightechparks, Forschungszentren, Inkubatoren – und sie alle sehen aus wie die Campusse amerikanischer Universitäten: meist Ansammlungen mehrstöckiger Bürohäuser, umgeben von palmengsäumten Parks.
Start-up Nation Israel, mit dem etwas hoch angetragenen Untertitel Was wir vom innovativsten Land der Welt lernen können, versucht diese andere Art von Ökonomie zu analysieren. Das Wirtschaftsbuch von Dan Senor und Saul Singer war bereits in der englischen Originalfassung ein internationaler Erfolg, jetzt ist es auch auf Deutsch erhältlich. Senor arbeitet als Spezialist für den Nahen Osten im amerikanischen Think Tank Council on Foreign Relations und hat unter anderem im Wall Street Journal, in der New York Times und in der Washington Post publiziert. Singer ist Journalist, war früher für die Meinungsseite der Jerusalem Post verantwortlich und hat mehrere Bücher geschrieben, darunter Confronting Jihad. Israel’s Struggle and the World After 9/11.
Wie schafft Israel das?
Die Autoren stellen sich die schwierige Frage: Wie konnte Israel mit kaum mehr als sieben Millionen Einwohnern innerhalb von bloß 60 Jahren seines Bestehens in die globale wirtschaftliche Oberliga vorstoßen? Und das in „einem provinziellen und isolierten Land“. Jene Kennzahlen, die die Autoren schon in der Einleitung des Buches in einigen knappen Tabellen vorlegen, sprechen für sich: Bei der zivilen Forschungsquote liegt Israel mit 4,5 Prozent weltweit an der Spitze – vor Japan, den USA und Deutschland. Mit 63 Unternehmen an der Technologiebörse Nasdaq hat Israel bereits Kanada überholt, das in den USA zuletzt das wichtigste Herkunftsland ausländischer Firmen gewesen war, alle übrigen Nationen folgen unter ferner liefen. Und bei der Kennzahl Risikokapital pro Kopf der Bevölkerung liegt Israel beinahe um das Dreifache vor den USA – die besten Europäer bleiben auch hier weit abgeschlagen.