Unter den Wolken – Google-Campus in Tel Aviv

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Googles Start-up-Center feierte gerade den ersten Jahrestag seiner Eröffnung in der „Stadt, die niemals schläft“ – eine Mischung aus Silicon Valley, Manhatten und mediterraner Stimmung. Von Daniela Segenreich-Horsky

Früher einmal wollten Kinder in Israel Eisverkäufer oder „Mazil“ – Lebensretter am Strand werden. Heute wollen alle nur eines: ein eigenes Start-up lancieren. Am Rothschild-Boulevard im Zentrum Tel Avivs, sind die meisten „Hubs“ angesiedelt, die Bürocenter, wo junge Leute sich einmieten und mit Hilfe von erfahrenen Fachleuten aus dem Hightechbereich ihre Ideen umsetzen können. Dort brodelt es nur so von Einfällen und von Brainstormings, wie man sie umsetzen könnte, was dem guten, alten Boulevard aus den Anfängen der Stadt den Spitznamen „Tel Aviver Silicon Valley“ eingebracht haben soll. Etwa 600 Start-ups werden in Israel jährlich angemeldet. Und auch wenn nicht alle den großen Coup landen, so war das doch Anreiz genug für Google, in der Mittelmeermetropole seinen weltweit zweiten Campus für Startups, Events und das Zusammentreffen junger Unternehmer der Hightech-Community aufzusperren. Der andere wurde neun Monate davor in London eröffnet.

Sillicon Valley, Manhattan, mediterrane Stimmung

Eine Mischung aus Sillicon Valley, Manhattan und mediterraner Stimmung strömt einem entgegen, wenn man aus der Tiefgarage des Electra Towers auftaucht und in die 26. Etage aufsteigt, wo Google Israel beheimatet ist, nicht im Zentrum der Stadt, sondern an der Autobahn Richtung Süden. Unten, zwischen den Hochhäusern am Ayalon-Highway ist beinahe ein eigenes Office- und Highttechviertel
entstanden, mit schicken Restaurants, Cafés und sogar einer Krankenkassenfiliale. Und von oben, knapp unter dem Himmel, hat man den umwerfenden Blick über die gesamte Stadt, auf die Tel Aviver Vororte im Osten und bis zum Mittelmeer im Westen.

Google Israel gibt es seit 2006
Benjamin Netanjahu

Hier wurden unter anderem Kulturdenkmäler wie die Dead Sea Scrolls digitalisiert und das gesamte Personen-Archiv des Yad-Vashem-Holocaust-Museums im WorldWideWeb verewigt. Mittlerweile sitzen in acht Etagen 270 Mitarbeiter auf den zum Chillen einladenden Korbstühlen, Schaukeln, Rutschen und manchmal auch an ihren Schreibtischen. Der Campus gleich unter den Google-Büros kam dann vor einem Jahr dazu. Er soll den jungen Israelis, die ihre genialen Ideen in  Anwendungen umsetzen wollen, Raum und Knowhow zur Verfügung stellen und rückt gleichzeitig Google noch mehr in den Mittelpunkt des Geschehens.

Früher einmal wollten Kinder in Israel Eisverkäufer oder „Mazil“ – Lebensretter am Strand werden. Heute wollen alle nur eines: ein eigenes Start-up lancieren.

Bei der großen Eröffnung im Dezember 2012 bemerkte Premierminister Nethanyahu sichtlich angetan, dass ihm seine Arbeit bei solchen Anlässen auch endlich einmal Spaß mache. Hier geht es um Innovation und Kreativität. Beinahe jeden Monat findet ein Launchpad statt, bei dem die Teilnehmer, meist Studenten und junge Leute, die noch nie ein Start-up lanciert haben, eine Woche lang maximale Unterstützung von Experten und Mentoren erhalten, damit sie ihre Ideen bestmöglich in die Realität, also in kommerzielle Produkte umsetzen können. Die Teilnahme ist gratis, aber mit dabei sein kann nur, wer von „guten Eltern kommt“, das heißt wer von einem der Google-Partner in Israel wie der IDC-Universität oder einer der mit Google affilierten Hubs oder Inkubatoren geschickt wird. Beim letzten Launchpad waren es 140 junge Leute, welche den 1.500 Quadratmeter „Event- und Community Space“ bevölkerten und zwischen Graffity-Wänden, bunten Tischen und Stühlen praktische Erfahrungen sammeln konnten, während ihnen ganz Tel Aviv zu Füßen lag, wenn derzeit auch nur deswegen, weil der Campus so hoch oben über der Stadt schwebt. Innerhalb weniger Tage wurden alle Themen behandelt, von der Finanzierung eines Produkts über induviduelle  Problemlösungen bis zu Design, Marketing und rechtlicher Beratung, dem Launch einer Websites und Tips, wie man sich und sein Produkt am besten präsentiert. Wer sich danach noch kein Büro leisten kann und nicht mehr in dunklen Kellerräumen oder im elterlichen Wohnzimmer arbeiten will, kann den Campus in der Entwicklungsphase auch weiterhin als Büro und Treffpunkt benutzen.

Um welche Start-up-Ideen es sich genau handelt, ist noch top secret, aber man wird sicher bald von der einen oder anderen Erfolgsstory hören. Sagte doch schon Nethanyahu bei der Eröffnung: „The Sky is the limit – und ich bin sicher, ihr kommt alle noch viel höher.“

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