Jugendliche, die sich nach ihrem Armeedienst mit aller Art von Drogen benebeln, Partyleichen und Aussteigerfantasien – das sind verbreitete Indienbilder in Israel. Da ist es nicht weit zu Yoga am Strand und Hippie-Nostalgie.
Abraham Kolberg entdeckte Yoga für sich in der Armee, als er gerade eine schwierige Zeit durchmachte und nach etwas suchte, das ihm Ausgleich verschaffen würde. Über den Umweg der Meditation und nach einigen Jahr des intensiven Yoga-Studiums fanden er und seine junge Frau dann ihre spirituelle Heimat in der streng orthodoxen chassidischen Auslegung des Judentums. Heute unterrichten sie in ihrem Haus in Beit Shemesh nahe Jerusalem Yoga in getrennt geschlechtlichen Einheiten.
Zwei auf den ersten Blick unvereinbare Welten? Wenn es nach ihnen geht, ganz im Gegenteil.
wina: Wie seid ihr auf Yoga gekommen?
Avraham und Rachel Kolberg: Vor etwa 15 Jahren bin ich in meiner Armeezeit über Meditationsübungen zu Yoga gelangt. Meditation hat nicht funktioniert, weil Geist und Körper noch nicht bereit waren, die starke Energie der Meditation zu empfangen. Sie verwirrten mich mehr, als sie mir halfen, also suchte ich nach etwas Ähnlichem und stieß auf Yoga.
Als meine Frau mit unserem ersten Kind schwanger war, nahm sie an Schwangerenyoga teil und tat sich auf Grund ihrer Vergangenheit als olympische Turnerin in der ehemaligen UDSSR sehr leicht. Wir trainierten viel und sahen, wie die Übungen unseren Alltag postiv beeinflusste.
Ging das mit eurer Religiosität einher?
Ja, das war der Anfang unseres spirituellen Weges. Dieser endete im Chassidismus. Den Ausgang nahm diese Entwicklung jedoch nach einer besonders intensiven Erfahrung, ausgelöst durch einen einjährigen Indienaufenthalt, der uns dann letztendich auf den Weg des orthodoxen Judentums führte. Wir wollten unsere Spiritualität finden und entwickeln. Über Yoga fanden wir dazu.
Zu der Zeit, als wir nach Indien gingen, waren wir noch typisch säkulare Israelis. Wir kannten nicht einmal die grundlegendsten Dinge der Tora. So säkular, dass ich mir bei der Geburt unseres ersten Sohnes sogar die Frage stellte, ob er denn beschnitten werden solle.
Inwiefern hat dann Yoga dazu beigetragen, dass ihr religiös wurdet?
Yoga ist sehr streng. Es gibt einen Lehrer, und was er sagt, wird, ohne Widerrede zu leisten, getan. Die so genannte Freiheit gibt es für sie in diesem Sinne nicht. Eine gewisse Grundspiritualtität muss gegeben sein. Es ist dabei gleich, woran du glaubst.