Ein Stück Kulturgeschichte

Nach und nach werden Österreichs mehr als 60 jüdische Friedhöfe saniert. Sanieren bedeutet hier: einen sicheren Besuch garantieren, nicht aber jeden Grabstein in seinen ursprünglichen Zustand versetzen. Zwei Publikationen des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich, angesiedelt beim Nationalfonds, entführen nun in die Areale steinerner Zeugen der Vergangenheit.

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Beide Publikationen wurden vom Nationalfonds herausgegeben, sind auf Deutsch und Englisch erschienen und können hier bezogen werden: friedhofsfonds.org

„Haus des Lebens“ wurden Friedhöfe in der jüdischen Tradition genannt, schreibt Oberrabbiner Jaron Engelmayer im Band Häuser der Ewigkeit, den der Nationalfonds nun anlässlich des Jubiläums „10 Jahre Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich“ herausgebracht hat. Jüdische Friedhöfe hätten in mehrfacher Hinsicht eine Sonderstellung, führt der Oberrabbiner weiter aus. „Einerseits dienen sie wie auch in vielen anderen Kulturen als Ort des persönlichen Zusammenkommens mit der Erinnerung an die Verstorbenen.“ Andererseits würden sie vom Überdauern des Lebenswerks eines Menschen zeugen, „weit über die persönlichen Bezüge hinaus, und von der Ewigkeit dessen Seele“. Auch deshalb gelte die ewige Grabesruhe. Es sei deshalb äußerst löblich, sich für die Restaurierung und Erhaltung von Grabstätten und Friedhöfen einzusetzen. Sylvia Preinsberger und Christoph Bazil vom Bundesdenkmalamt sprechen wiederum von einem „kulturellen Erbe“. Wort-, vor allem aber bildreich wird in dem Buch auf Deutsch und Englisch illustriert, wie das Instandsetzen der ewigen Ruheplätze in Österreich voranschreitet.

2001 wurde in Washington jenes Abkommen unter­zeichnet,
dem ein jahrelanges Ringen um den Erhalt
der jüdischen Friedhöfe folgte.

Fast ein Vierteljahrhundert. Lange ist diesbezüglich in Österreich nach 1945 nichts passiert. Einer, der sich hier massiv engagierte, war der frühere Präsident der IKG Wien und heutige Präsident des European Jewish Congress Ariel Muzicant. Bei der Präsentation des Buches im Parlament erzählte er vom Abschluss der Entschädigungsverhandlungen zwischen Österreich, den USA und NS-Opferorganisationen 2001 in Washington. Dabei habe er das Thema Friedhöfe in das schlussendliche Abkommen hineinreklamiert. Mit einem Haken allerdings, wie er im Rückblick betont: Festgehalten worden sei, dass Österreich die jüdischen Friedhöfe instand setze. Nur wer sei Österreich?

In der Folge sei jahrelang darüber gestritten worden, ob hier der Bund oder die Länder zuständig seien. Beendet worden sei dieses Hickhack schließlich 2009 durch den damaligen Vizekanzler Josef Pröll. Inzwischen laufe das Werkel, so Muzicant. Wenn er heute über den Währinger Friedhof gehe, „dann lacht mein Herz“. Der Währinger Friedhof, der zu den aufwändigeren Projekten im Rahmen der Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe zählt, verfügt inzwischen auch über ein kleines Museum, das Besucher und Besucherinnen in das Thema Tod im Judentum einführt.

Wer einen jüdischen Friedhof in seiner Wohnnähe besuchen möchte, kann sich in der zweiten nun vorgestellten Publikation des Nationalfonds dazu alle Informationen holen, die sie oder er braucht. Jüdische Friedhöfe in Österreich nennt sich der Wegweiser für den Besuch der jüdischen Friedhöfe in Österreich, der bereits in der Vergangenheit zur Verfügung stand, nun aber für die „2024 Edition“ aktualisiert wurde. Schließlich hat sich in den vergangenen Jahren auf vielen jüdischen Friedhöfen sehr viel getan.

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