Immer mehr Europäer und Amerikaner fahren zum Heiraten nach Israel. Dort steht eine hoch spezialisierte Branche bereit, um den großen Tag zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen. Von Reinhard Engel
Ein Hauch von Great Gatsby schwebt über der Szenerie. Auf einem weitläufigen, perfekt manikürten Rasen flanieren die elegant gekleideten Gäste, Champagner-Gläser in der Hand, plaudern, begrüßen einander oder gustieren die feinen Häppchen, die von fliegenden Kellnern angeboten werden. Gleich hinter der Bar und den verstreut aufgestellten weißen Sitzgarnituren liegt der Strand, der Wellenschlag ist unüberhörbar.
Alles ist perfekt inszeniert und auch zeitlich abgestimmt
Die Hochzeitszeremonie dürfte dem Brautpaar wie seinen Freunden und Verwandten unvergesslich bleiben. Dabei werden es nicht bloß die uralten Rituale sein, die Gebete und Segenssprüche, die symbolische Verabschiedung von den Eltern, das Zertreten des Glases. Denn alles ist perfekt inszeniert und auch zeitlich abgestimmt. Die Sitzreihen vor der Chuppa sind nach Westen ausgerichtet, und genau dort senkt sich die Sonne als roter Feuerball ins Mittelmeer.
Später wird dann in einer mächtigen Halle mit Holzdecke fröhlich gefeiert, gegessen, getrunken und getanzt. Und auch hier ist bei aller ausgelassener Freude die genaue Planung, das exakt getaktete Zusammenspielen mehrer professioneller Unternehmen zu erkennen. Schon wenn sich die Gäste setzen, tun sie das an Tischen, die in ihren Arrangements kleinen Kunstwerken gleichen – Designerteller, Blumen, eingestellte bunte Vorspeisen. Dann kommt Bewegung in den weitläufigen Raum, wenn die einzelnen Grillstationen für die Hauptspeisen angesteuert werden. Und am Ende des Diners werden dann an diesen Buffets noch verführerische Desserts offeriert.
Ein genauer Beobachter wird kleine Differenzen bei der Kleidung der Gäste bemerkt haben. Nicht bei den Damen, hier ist die Mode längst international – bei den Männern gibt es solche mit und solche ohne Krawatte: Europäer und Israelis. Denn die Hochzeit findet in Caesarea statt, in einem eigens dafür errichteten „Venue“, einer Art großem Restaurant ohne die Möglichkeit für Individualgäste, hier einen Tisch für ein Abendessen zu reservieren. Kochav Hayam heißt der Ort, an dem die Österreicherin und der Schweizer heiraten, und er gehört wie zahlreiche ähnliche Einrichtungen einem Kibbuz, der sich von der Landwirtschaft über die Industrie zur Dienstleistung weiterentwickelt hat.
„Wir Juden heiraten gerne und wir lieben große Hochzeiten“, erzählt Naomi Tabor, eine professionelle Wedding Plannerin. „Das ist insgesamt ein großer Markt, und Israel ist besonders für elegante, aufwändigere Hochzeiten eine gute Destination.“ Tabor organisiert sowohl Hochzeiten für Israelis als auch für internationale Kunden: „Österreicher habe ich noch keine gehabt, aber Deutsche, Schweizer, Amerikaner, Franzosen, Niederländer oder Kanadier.“ Während die Israelis ihre Feste, auch wenn sie üppig ausfallen, oft selbst gestalten, mit Hilfe von Familie und Bekannten, nutzt ein Großteil der ausländischen Interessenten professionelle Planung und Organisation.
Internationales Interesse
Karen Tsafrir hat sich als Hochzeitsplanerin mit ihrer Firma Live Productions ganz auf den internationalen Markt spezialisiert und kann – anders als ihre Mitbewerberin Tabor – auch schon auf österreichische Kunden verweisen. Sie schätzt, dass bis zu zehn Prozent aller Hochzeitsfeiern in Israel von Ausländern gebucht werden. Die Gründe dafür sind vielfältig: Erst einmal spirituelle oder politische Verbundenheit mit Israel; dann die Verlagerung an einen „neutralen Ort“, wenn die Brautleute aus unterschiedlichen Ländern oder Kongregationen kommen; weiters die Möglichkeit, den Kreis der Einzuladenden etwas zu reduzieren: Nicht jeder reist für einen entfernten Bekannten oder eine Bürokollegin einige Tausend Kilometer mit dem Flugzeug an; und schließlich gibt es in Israel gerade dafür eine hoch spezialisierte und auf die unterschiedlichsten Ansprüche flexibel reagierende Branche, die ihrerseits in zahlreiche Subbranchen zerfällt. Die Liste ist lang: von den Hochzeitshallen bis zu den Planungsagenturen, von Caterern bis zu Dekorateuren, von Floristen bis zu Billet-Druckern, von Sängern und Bands bis zu DJs, von Hochzeitsfotografen und Videofilmern über Friseure, Bus- und Taxiunternehmern bis zu den Hoteliers, in deren Häusern die ausländischen Gäste wohnen.