„Wir bleiben hier sicher nicht still“

Von 19. bis 22. Mai lädt die International Council of Jewish Women zu einer Konferenz zum Thema „Von der Tradition in die Zukunft – Vielfalt und Einheit des Judentums in Europa“ nach Bratislava. Befassen will man sich dabei auch mit den Folgen des Massakers der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023.

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Die ICJW setzt sich in 36 Ländern, davon 22 in Europa, für ein Ende der Diskriminierung von Frauen in allen Lebensbereichen sowie gegen Rassismus, Antisemitismus und alle Formen religiöser Diskriminierung ein. Das Motto des ICJW: Tikun Olam – die Welt reparieren.

Alice Vesela ist seit dem Frühjahr 2022 Vorsitzende des International Council of Jewish Women für die Region Europa. Als wichtigste Aufgabe der Organisation sieht sie, eine laute Stimme zu sein. Um zu wissen, wo in den einzelnen Ländern der Schuh drückt, bemühe sie sich um regelmäßigen Kontakt und Austausch zwischen den Vertreterinnen in den einzelnen Mitgliedstaaten. Die Probleme beziehungsweise Anliegen seien dabei höchst unterschiedliche, verrät sie im Gespräch mit WINA. Der erstarkende Antisemitismus sei zum Beispiel schon vor dem 7. Oktober in Ländern wie Frankreich, Deutschland oder Belgien Thema gewesen. In Tschechien, ihrer eigenen Heimat, gehe es vor allem um gemeinsame Projekte mit anderen Minderheiten und Religionen. In der Slowakei, Polen oder Ungarn sei wiederum der Demokratisierungsprozess ein wichtiges Anliegen. Aus Frauenperspektive und dabei vor allem aus dem Blick jüdischer Frauen sei das Hinweisen auf die massive sexuelle Gewalt gegenüber Frauen durch die Hamas aktuell ein wichtiges Anliegen. Um auf die Interessen jüdischer Frauen hinzuweisen nehmen ICJW-Vertreterinnen seit vielen Jahren regelmäßig an Sitzungen von UN-Organisationen wie der UNESCO oder der UNICEF sowie dem Wirtschafts- und Sozialrat ECOSOC teil, der ICJW ist aber auch beim Europarat, der European Women’s Lobby oder dem International Council of Women vertreten. Ja, das Schweigen der UN Women nach dem 7. Oktober sei bedrückend gewesen, sagt Vesela. Inzwischen habe die ICJW-Vertreterin bei der UNO in Genf, Léonie de Piciotto, aber immerhin erreicht, dass über das Thema gesprochen wurde. Sie wird bei der Konferenz in Bratislava auch eine der Vortragenden sein. Gegenüber WINA sagte Piciotto nun im Vorfeld des Treffens kommende Woche: in Genf seien durch die israelische Botschaft inzwischen auch bereits mehrere Veranstaltungen mit Angehörigen von Geiseln organisiert worden. Das Schweigen der UN Women habe sie hier leider nicht überrascht, die UN seien Israel gegenüber auch im Allgemeinen feindlich eingestellt, der Menschenrechtsbeirat habe kein anderes Land so oft verurteilt wie Israel. Piciotto wies allerdings darauf hin, dass die UN Women insgesamt wenig schlagkräftig wären. Sie würden sich auch nicht besonders aktiv für muslimische Frauen allgemein und für iranische und afghanische Frauen im Besonderen einsetzen.  „Ich glaube also nicht, dass es sich hier nur um ein antiisraelisches Phänomen handelt“, so Piciotto. Vielmehr stünde man heute vor einer Gesellschaft, „in der die Welt als gespalten angesehen wird in Privilegierte und Unterprivilegierte, Unterdrücker und Opfer, weiße Christen (und Juden) gegen Muslime und Araber“. Antisemitismus sei hier ein wichtiger Faktor, aber nicht nur der einzige. Was sie allerdings sehr kritisch anmerkte: einerseits die Rolle der UNWRA, durch deren Schulbücher palästinensische Kinder seit langem gegen Juden aufgewiegelt würden. Andererseits scheine der UN-Sicherheitsrat völlig wirkungslos zu sein. „In den laufenden Verhandlungen über eine Geiselfreilassung und ein Ende der Kämpfe hat er nicht einmal eine symbolische Präsenz.“ Vesela hielt jedenfalls seitens des ICJW fest: „Wir bleiben hier sicher nicht still.“ Das betreffe das Thematisieren der sexuellen Gewalt gegenüber Frauen am 7. Oktober ebenso wie das Verurteilen israelkritischer Proteste an US-Unis. Leider hätten jene Studierende, die sich an diesen Protesten beteiligen, wenig Ahnung von dem, was sie mit ihren Parolen fordern. Positiv hob sie hervor, dass in Tschechien diese Art von Protesten von der Regierung nicht toleriert würden. „Unsere Regierung ist hundert Prozent pro Israel.“ Komme es zu anti-israelischen Protesten, komme es sofort auch zu Verhaftungen. Genau darum soll es bei der Konferenz kommende Woche auch gehen: zu erfahren, wie unterschiedlich die Situation in den einzelnen Herkunftsländern der ICJW-Vertreterinnen ist. Da geht es um Antisemitismus einerseits, da geht es aber andererseits eben auch darum, wie die jeweilige Regierung zu Israel beziehungsweise zum aktuellen Krieg zwischen Israel und der Hamas in Gaza stehe und sich positioniere. https://icjw.org/

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