Ein Haus voller Licht

So viele Menschen haben am 7. Oktober alles verloren. Kreative und herzerwärmende private Initiativen bringen kleine Lichtblicke in das Dunkel des Krieges.

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Gezeichnete Erinnerungen: Noa Harnik zeichnet nach erhaltenen Fotos. © Noa.harnik

Die Erleuchtung kam ihr am Anfang des Krieges beim Zwiebelschneiden. Wie viele Israelis wollte sie etwas Nützliches tun und war gerade beim Kochen für die Soldaten. Sie dachte darüber nach, was noch hilfreich wäre, wie sie noch etwas Persönlicheres beitragen könnte, und da kam Noa Harnik die Idee für ihren vielbeachteten Post auf Facebook: „[…] wenn Ihr aus den Kibbuzim im Süden seid, die am 7. Oktober verwüstet worden sind, und wenn ihr noch irgendwelche Fotos von eurem einstigen Zuhause habt, egal, ob von innen oder von außen, würde ich mich mehr als freuen, und es wäre mir wirklich eine Ehre, euch eine Zeichnung davon zum Geschenk zu machen.“ Sie wollte, dass die Menschen, deren Häuser verbrannt und zerstört worden waren, wenigstens etwas zur Erinnerung haben, ein naturgetreues Bild, das sie vielleicht einmal in ihrem neuen Heim an die Wand hängen können, erklärt Noa in unserem Gespräch, nachdem sie gerade die vierzigste und die bislang letzte Zeichnung fertiggestellt hat.

Wie aus einem Hobby eine Mission wurde. Ihr Beruf ist es eigentlich, Leuten Ordnung in ihre Wohnungen und Häusers zu bringen. Oft sind es auch Wohnungen von Verstorbenen, die geordnet und ausgeräumt werden müssen. In der Corona-Zeit begann sie dann auch zu zeichnen, ein Hobby, das ihr mittlerweile ein zusätzliches Einkommen bringt. Und so kam alles zusammen: ihr Wille zu helfen, ihre Leidenschaft für Häuser und das Zeichnen. Die Resonanz auf ihren Facebook-Post war groß: Sie bekam zig Fotos, manche nur mit einem kurzen erklärenden Satz, andere mit einer ganzen Geschichte. Wie etwa die wehmütigen Erinnerungen der Enkel an das gemütliche, helle Wohnzimmer des Großvaters, an das so besondere und geliebte Haus, das „Haus voller Licht“. Oder die Bitte, den Salon der Großmutter aus Kfar Aza zu zeichnen, die 30 Stunden im Sicherheitsraum eingeschlossen gewesen war.

Erinnerungen an Häuser und Menschen, die es nicht mehr gibt: Noa Harnik versucht mit ihren Bildern ein wenig von dem am 7. Oktober erloschenen Licht zurückzugeben. © Noa.harnik

„Es war wie eine Therapie, und es hat mich
abgelenkt von der Lage hier. Und davon,
dass mein Sohn eingezogen wurde.“
Noa Harnik  
noaharnik.co.il

„Für mich war das eine Mission“, erzählt die Illustratorin aus Tel Aviv: „Es war wie eine Therapie, und es hat mich abgelenkt von der Lage hier. Und davon, dass mein Sohn eingezogen wurde. Manches ist mir auch sehr ans Herz gegangen.“ So etwa kam sie zufällig durch einen Fernsehbericht drauf, dass die Familie des jungen Mannes, der ihr Fotos von seinem Elternhaus geschickt hatte, am 7. Oktober ermordet worden war. Sie empfinde es als Privileg, dass sie diese Menschen, die ihr Dach über dem Kopf und oft auch die Eltern, Großeltern oder Kinder verloren haben, kennenlernen und etwas Kleines für sie tun durfte. „Und ich habe sie liebgewonnen“, fügt sie noch hinzu.

In den Reaktionen auf Facebook spürt man die Dankbarkeit. So lautet ein Post: „Mein Haus. Farbenfroh, optimistisch und voller Leben. Hoffentlich kann ich es immer so in Erinnerung behalten. Noa, du Begabte, was für ein zauberhaftes Geschenk!“

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