EMPATHIE & INTERESSE an Menschen

Die Wirtschaftsanwältin Julia Andras hat nach 21 Jahren die Kanzlei gewechselt und wurde Partnerin bei Schima Mayer Starlinger.

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Erfolgreich in Beruf und aktiv in der IKG ist die Wiener Anwältin Julia Andras. Foto: Reinhard Engel

Fernsehen kann Karrieren anregen. „Ich habe als Mädchen wahnsinnig gerne die Serie LA Law geschaut – und war beeindruckt von den schönen, klugen Anwältinnen.“ Für Julia Andras gab es dann freilich noch andere verlockende Berufe: Schauspielerin, Model, Journalistin. Mit einem Volontariat in der Innenpolitik-Redaktion des profil schnupperte sie sogar in diesen Beruf hinein. Doch dann wurde es doch die Anwältin.

Schon als Studentin begann sie in der Kanzlei von Gabriel Lansky, Lansky, Ganzger & Partner. Daraus sollten mit einer kurzen Unterbrechung immerhin 21 Jahre werden – und der Aufstieg bis zur Managing Partnerin. „Man hat mich gleich mitarbeiten lassen, ich war vom ersten Tag an einem Anwalt zugeteilt, durfte auch schon zu Verhandlungen mitgehen.“ Der Beruf erfüllte auch in der Realität, was sie sich davon erwartet hatte, das tägliche Anwenden von analytischem Denken, das Lösen von Problemen.

Andras hat vor wenigen Monaten die Kanzlei gewechselt, ist von der Wiener City in einen lichtdurchfluteten Büroturm mit Blick über den Prater bis zum Kahlenberg übersiedelt. sms.law, Schima Mayer Starlinger, ist eine Wirtschaftskanzlei mit etwa 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, geleitet von sieben Partnern, darunter Andras.

Sie war für den Wechsel von ihren neuen Partnern angesprochen worden, einer war einst Studienkollege gewesen, die Marketingleiterin der Kanzlei ist eine enge persönliche Freundin. „Nach so vielen Jahren wollte ich einfach einmal die Perspektiven wechseln, etwas Neues probieren.“

Andras wird bei ihrer Spezialisierung bleiben, Litigation, Streitbeilegung. Vieles davon spielt sich vor Gericht ab, und das macht sie gerne. „Das kann nicht jeder Anwalt, manche sind besser im Aufsetzen von Verträgen. Man muss emphatisch sein und gut mit Menschen umgehen können.“

Dabei sind die Causen in ihrem Arbeitsfeld doch sehr vielfältig. Es reicht vom Schadenersatz über Erb- und Familienrecht, Arbeitsrecht bis zum Glücksspielrecht. Und ebenso vielfältig sind die Mandanten. So kann es zwischen großen Unternehmen ganz einfach nüchtern ums Geld gehen; wenn jemand ein Spital oder einen Arzt wegen Behandlungsfehlern klagt, wird es schnell sehr persönlich. „Ich bin oft mehr als Anwältin, manchmal schon eine Art Seelsorgerin. Meine Mandanten haben meine Handy-Nummer, und ich verstehe auch ihre Ungeduld und dass sie mich öfter anrufen, auch spät am Abend.“ Für eine Anwältin gebe es ohnehin keine geregelten Arbeitszeiten, 60 Stunden in der Woche sind schon eher selbstverständlich als die Ausnahme.

„Ich bin oft mehr als Anwältin, manchmal schon
eine
Art Seelsorgerin.“
Julia Andras

Und man braucht einen langen Atem. Oft ziehen sich Prozesse über Jahre hin, man geht in Revision, dann wieder zurück auf die erste Ebene. Gutachten wie Zeugenaussagen können überraschend ausfallen, der Prozessgegner mag seine Strategie ändern. Man müsse auf jeden Fall flexibel sein und auch die eigenen Strategien anpassen können. „Ich muss immer meine Mandanten im Auge behalten; es geht dabei nicht ums eigene Ego.“ Nach wie vor gelte die alte Weisheit: „Auf hoher See und vor Gericht ist man in G-ttes Hand.“ Und tatsächlich könne es auch vor Gericht manchmal hohen Seegang geben.

Aktiv für Frauen und Kinder. Andras wurde 1979 fern der Meere in Wien geboren, als Tochter jüdischer Ungarn, die 1970 eingewandert waren. Ihr Vater hatte in Budapest Maschinenbau studiert und für große österreichische Unternehmen im Bereich Anlagenbau gearbeitet, etwa Krankenhäuser oder Cineplex-Kinos geplant. Er war auch 15 Jahre Geschäftsführer der Budapester Niederlassung eines Anlagenbauers. Ihre Mutter arbeitete als Laborassistentin.

Die Eltern waren zwar nicht religiös, ermöglichten ihr aber, an allen jüdischen Institutionen teilzuhaben, an denen sie wollte. Und das waren unter anderem die Bnai Akiva und das Forum gegen Antisemitismus. Sie war im Vorstand der jüdischen Hochschüler und arbeitete später bei der Liberalen Liste Gesher in der Kultusgemeinde mit. Schon als erfolgreiche Anwältin gehörte sie dann zu den Gründerinnen des Young Jewish Business Club, der Networking zwischen Managern und jungen Talenten ermöglichen sollte.

Das ging auch ein paar Jahre, doch dann zeigte sich, dass die Gründerinnen selbst an ihre jeweiligen persönlichen Kapazitätsgrenzen gelangten. Andras bekam nacheinander zwei Buben, diese sind mittlerweile fünf und ein Jahr alt. Damit bleibt weniger Zeit für Aktivitäten jenseits des langen Bürotags. Das Management der Juniors mit Kindermädchen, Vater und Großeltern nimmt einiges in Anspruch.

Dafür ist sie neuerdings in andere Netzwerke der jüdischen Gemeinde eingebunden. „Ich gehe zu den hohen Feiertagen in den Stadttempel“, erzählt sie. Aber jetzt sind es eher Aktivitäten für Kinder, die im Vordergrund stehen, etwa organisiert von der Frauenorganisation WIZO oder der jüdischen Schule ZPC. Auch im Stadttempel gebe es spezielle Angebote für Kinder, „wirklich schöne“.

Ihr Beruf führt sie derzeit nicht mehr ins Ausland, wie das früher – vor allem wegen ihrer Ungarisch-Kenntnisse – der Fall war. Überdies hatte sie in der Zeit bei Lansky zwei Jahre lang das Tel Aviver Büro der Israelisch-Österreichischen Handelskammer AICC aufgebaut, Kontakte zwischen Firmen in Israel und Österreich vermittelt, anschließend neben ihrer juristischen Arbeit in Wien noch als Generalsekretärin gewirkt.

Jetzt kennt Andras eher die Gerichtssäle in Graz oder Salzburg, gelegentlich hält sie Vorträge bei internationalen Konferenzen. Aber sie nimmt sich noch Zeit für einen regelmäßigen Blog zu Rechtsthemen auf der Website der Tageszeitung Der Standard. Und sie könnte sich auch vorstellen, im einen oder anderen Unternehmen als Aufsichtsrätin tätig zu werden. Sie hat vor ihrem Studium und ihrer langjährigen Anwaltserfahrung die HAK absolviert, verfügt also auch über wirtschaftliches Basiswissen.

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