EU-Wahl in der IKG: Die Spitzenkandidaten zu Antisemitismus und Israel

Die Spitzenkandidaten von SPÖ, ÖVP, Grünen und Neos sind sich einig: Sie alle würden sich auf EU-Ebene mehr außenpolitische Schlagkraft wünschen

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EU-Wahl-Runde in der IKG zu Antisemitismus und Israel

Die IKG Wien lud Dienstag Abend die Spitzenkandidaten von SPÖ, ÖVP und Neos, Andreas Schieder Reinhold Lopatka und Helmut Brandstätter, sowie die Spitzenkandidatin der Grünen, Lena Schilling, für die EU-Wahl am 9. Juni zu einer Diskussion ins Gemeindezentrum. Die FPÖ war gemäß Beschlusslage des Kultusvorstands, wonach keine Kontakte zu dieser Partei gepflegt werden, nicht zu Gast. Moderiert wurde die Runde von Corinna Milborn – die Debatte wurde auch auf Puls24 live übertragen.

 

Was auffiel: Bei den Themen Antisemitismus, Haltung zum aktuellen Krieg zwischen Israel und der Hamas, aber auch zum iranischen Regime waren sich die Vertreter dieser vier Fraktionen in den Grundzügen einig und brachten dies auch alle prononciert zum Ausdruck. Der Tenor: Antisemitismus muss in Österreich und Europa entschieden bekämpft werden, Israel hat nach dem Angriff der Hamas am 7. Oktober mit mehr als 1.200 Toten jedes Recht auf Selbstverteidigung, der Beginn eines Friedensprozesses ist nur möglich, wenn die Hamas die noch immer mehr als 130 Geiseln freilässt. Letzteres wurde von allen vier Podiumsteilnehmern gefordert.

Abgelehnt wurde von allen Podiumsteilnehmern auch das Agieren des Iran. Die Revolutionsgarden seien als Terrororganisation einzustufen. Hier brauche es – wie auch in allen anderen Punkten – eine wesentlich stärkere EU-Außenpolitik. Mehrmals wurde an diesem Abend die Schwäche des derzeitigen EU-Außenbeauftragten Josep Borrell kritisiert.

Sieht man sich die Positionen im Detail an, ergab sich folgendes Bild. Lopatka (ÖVP) betonte, es könne zwar immer mehr sein, aber die österreichische Bundesregierung habe die Herausforderung erkannt und kämpfe mit verschiedensten Maßnahmen gegen Antisemitismus. Auf europäischer Ebene zeige gerade dieses Thema, dass es hier kein einheitliches Vorgehen der EU gebe. „Die Europäische Union spricht hier nicht mit einer Stimme, das ist unendlich schade.“ Zum Thema Waffenstillstand in Israel/Gaza sagte er: das Schicksal der Geiseln sei furchtbar. Darüberhinaus sei es ausschließlich an Israel zu entscheiden, wann es so weit sei, die Kampfhandlungen zu beenden. Beim Thema Zuzug und Integration betonte Lopatka, Islamisten seien brandgefährlich. Die Außengrenzen gehörten daher besser geschützt, es sei dafür zu sorgen, dass weniger Menschen, „die einfach ein besseres Leben suchen“, nach Österreich kämen. Genauer hingeschaut würde nun beim Familienzuzug. Mit diesen hohen Zahlen von Migranten, die in den vergangenen Jahren gekommen seien, sei Integration nicht möglich.

Lena Schilling, Andreas Schieder und Corinna Milborn (v.l.n.r.)

Schieder (SPÖ) zeigte sich angesichts des extremen Anstiegs antisemitischer Übergriffe nach dem 7. Oktober sowohl in Österreich als auch in Europa „sehr beunruhigt“. Hier müsste jeweils mit aller Schärfe polizeilich ermittelt werden. Schärfer durchgegriffen gehörte seiner Ansicht nach bei jenen Demonstrationen, die nicht mehr unter Meinungsfreiheit fielen. Er appellierte aber auch an die Zivilgesellschaft, hier klar aufzutreten. Als Voraussetzung für einen Waffenstillstand Israels im laufenden Krieg gegen die Hamas in Gaza nannte Schieder die Freilassung der Geiseln. Er prangerte zudem an, dass die Hamas das eigene Volk als Schutzschild missbrauche und hungern lasse. Dafür seien genügend Waffen da und die Chefs der Hamas säßen in Prunkpalästen außerhalb Gazas. „Der Hamas ist das eigene Volk egal.“

Helmut Brandstätter (NEOS)

Brandstätter (Neos) erklärte: der Slogan „From the River to the Sea” sei für ihn Verhetzung, das bedeute nämlich nichts anderes als alle Juden ins Meer zu treiben. „Wenn ich es hören würde, würde ich es anzeigen.“ Und wenn jemand nach dem Kalifat rufe, dann sei das „Hochverrat“. Beim Thema Antisemitismus gelte es genau hinzuschauen: es gebe ihn sowohl von rechts als auch links und von muslimischer Seite.

Reinhold Lopatka (ÖVP)

Auch er wünscht sich wie Lopatka ein stärkeres Europa, wenn es um das Auftreten gegenüber Bewegungen wie der Hamas geht und bedauerte, dass es in der EU offenbar aber Länder gebe, denen der Handel zum Beispiel mit Katar wichtiger sei als Menschenrechte.

 

 

Lena Schilling (Grüne) und Andreas Schieder (SPÖ)

Schilling (Grüne), die selbst aus der Klimabewegung kommt, stellte klar: das, wofür Greta Thunberg nun eintrete (sie zeigte sich wiederholt mit Kufiya an der Seite von Pro-Palästina-Aktivisten und rief unter anderem „Stop Genocide“), sei „untragbar“. „Fridays for Future“ sowohl in Österreich als auch in Deutschland hätten sich davon dezidiert distanziert. Für sie, Schilling, sei Thunberg keine Ikone der Klimabewegung mehr und es habe zu gelten: „Keine Toleranz für die Intoleranz“. Sie betonte das Selbstverteidigungsrecht Israels in der momentanen Situation, man dürfe die Opfer vom 7. Oktober nicht vergessen. Gleichzeitig hätten die Bilder aus Gaza viele Menschen emotionalisiert, man wünsche sich mehr humanitäre Hilfe. Schilling wies allerdings darauf hin, dass der Verantwortliche für diese Situation klar zu benennen sei: die Hamas. Sie halte weiterhin Menschen als Geiseln. Beim Thema Antisemitismus unterstrich sie die Notwendigkeit, mehr in Integration zu investieren. Hier würden viele Menschen, wie etwa Lehrer und Lehrerinnen, mit dieser Aufgabe alleine gelassen. Es brauche mehr Investition in Bildung, in Spracherwerb, einen guten Zugang zum Arbeitsmarkt. Sie hielt zudem fest: „Antisemitismus ist ein Problem“ und dieses Problem sei anzugehen.

Am Ende der Diskussion gab es einige Fragen aus dem Publikum, die durchaus auf die Nachschärfung der Positionen der einzelnen Kandidaten zu Themen wie das Verhältnis der EU zu Iran und Antisemitismus auf den Universitäten abzielten.

(Fotos: IKG/Schmidl)

 

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