KÜNSTLICH die Welt besser machen

Sam Altman ist IT-Spezialist und gilt mit seiner Firma OpenAI als Erfinder von ChatGPT. Der in Chicago geborene Jude bekennt sich dabei zum Prinzip des Tikun Olam. Doch das wirft so manche existenzielle Frage auf.

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© 123 RF

Die Pandora ist aus der Büchse. Die Möglichkeiten, mit künstlicher Intelligenz (KI) das tägliche Leben und viele Teile des Berufslebens zu verändern, verängstigen und faszinieren viele. Aber unberührt lässt sie keinen, und irgendwie magisch angezogen von den Möglichkeiten sind doch die meisten. Es ist spürbar, dass hier Großes entsteht.

Sam Altman wurde durch das Bekanntwerden von ChatGPT zu einer international vielbeachteten Persönlichkeit. Der 38-jährige CEO von OpenAI, der Entwicklungsfirma von ChatGPT, ist in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri in einer bürgerlichen jüdischen Familie aufgewachsen. Seine Jugend war nicht einfach. Er war ein Einzelgänger unter seinen drei Geschwistern und flüchtete sich in virtuelle Träume durch Computerspiele. Sein Interesse an Technologie führte ihn später an die Stanford Universität, wo er Informatik studierte, aber nach zwei Jahren wieder aufhörte, um sich mit der Entwicklung einer App zu beschäftigen, die er 2012 für 43 Millionen US-Dollar verkaufte. Das Geld investierte er in Firmen, die ihn interessierten, wobei er seine geschäftlichen Entscheidungen meistens bei großen Wanderungen rund um San Francisco fällt oder wenn er bei einem Überlebenstraining mitmacht.

Altman bezeichnet sich als „Prepper“. Das sind Menschen, die sich auf eine Katastrophe vorbereiten. In einem Interview mit dem New Yorker sagte er 2016: „Ich habe Waffen, Gold, Kaliumjodid, Antibiotika, Batterien, Wasser, Gasmasken von den israelischen Streitkräften und ein großes Stück Land in Big Sur, das man nur anfliegen kann.“

Ein Weltkonzern auf dem Siegeszug. 2015 gründete er gemeinsam mit Millionären aus dem Silicon Valley, darunter auch Elon Musk, OpenAI. Seine Idee für diese Firma war, KI zu entwickeln, die möglichst vielen Menschen auf der Welt zugänglich gemacht wird. Verhindert werden sollte so, dass diese in die Hände von einigen wenigen fällt, vor allem nicht an diktatorische Politiker. Als sich auch Microsoft mit einer Milliarde Dollar am Unternehmen beteiligte, wurde OpenAIs ChatGPT auch international bekannt. Nur zwei Monate nach seiner Einführung im November 2022 erreichte es 100 Millionen Nutzer.

Chat GPT ist ein sogenannter Bot, eine Art virtueller Serviceberater, der aber viel mehr kann, als einfache Fragen beantworten. Bisherige Bots werden z. B. bei Versicherungen, Banken oder anderen großen Firmen auf den Websites angeboten und helfen, die physischen Kundentelefonate zu verringern.

ChatGPT ist der Anfang einer neuen Welt, an die wir uns anpassen werden müssen. Allerdings war der technologische Sprung so schnell, dass viele Menschen davon verunsichert wurden und ablehnend reagierten. Vor allem Lehrer sahen sich in ihrem Auftrag bedroht, nun mehr Aufsatztexte korrigieren zu müssen, die eine „Maschine“ geschrieben hat. Wie schon beim Taschenrechner gab es auch hier einen Aufschrei, dass das kreative Schreiben verlernt wird.

  „Wenn wir über reichlich Intelligenz
und reichlich
Energie verfügen,       

   wird das den Menschen mehr helfen
               als alles andere […].“
     Sam Altman     

Eine so aufsehenerregende Neuerung ruft auch immer die Politik auf den Plan, die versucht, die Büchse der Pandora wieder zu schließen. Der US-Senat lud Sam Altman im Mai 2023 vor, um ihn zu Sicherheitsfragen der Technologie hinter ChatGPT zu befragen. Erst vor einigen Wochen hat sich die EU auf Regeln für den Einsatz von KI geeinigt, die versuchen, eine Balance zwischen Sicherheit, Innovation und Grundrechten zu schaffen.

Sam Altman und andere Technologiegrößen haben vor Missbrauch künstlicher Intelligenz gewarnt. In einem öffentlichen Brief stand unter anderem: „Sollten wir alle Jobs automatisieren, auch die, die Menschen befriedigen? Sollten wir nicht menschliche Geister entwickeln, die uns irgendwann zahlenmäßig übertreffen, überlisten, obsolet machen und ersetzen könnten? Sollten wir riskieren, die Kontrolle über unsere Zivilisation zu verlieren?“ Beunruhigende Fragen. Die Verfasser des Briefes betonten, dass die Reduzierung der mit der Technologie verbundenen Risiken eine globale Priorität sein sollte.

Kurzzeitiger Führungswechsel. Die offenbar zu schnelle Erfolgsgeschichte von OpenAI hat im November 2023 zu einem großen Krach zwischen dem Vorstand und Sam Altman geführt. Wegen interner Führungsprobleme über die Ausrichtung von OpenAI wurde er fristlos entlassen. Die Unternehmensführung sah sich von Altman getäuscht. Gerüchteweise sickerte durch, dass es Unstimmigkeiten über Sicherheitsfragen von ChatGPT und Altmans Benehmen gab. Es gab auch die Annahme, dass dieser gegen den Grundgedanken von OpenAI als Non-Profit-Firma agieren wollte, die in der 2018 formulierten Charta steht. Darin wird beschrieben, dass die neue Technologie im Interesse der Menschheit kodifiziert werden sollte, um sich an die Ausgewogenheit zwischen dem Glauben an Sicherheit und dem Gebot der Geschwindigkeit zu richten.

Sam Altman: Der OpenAI-Gründer glaubt an Superintelligenz und Überfluss und ist zugleich bekennender Prepper. © Steve Jennings

Die Palastrevolution in der Chefetage von OpenAI war nur von kurzer Dauer. Nach nur fünf Tagen wurde Sam Altman vom Vorstand wieder als CEO zurückgeholt. Diese Krise ist nicht zuletzt auch deshalb entstanden, weil allen in dieser Firma bewusst ist, dass sie eine Technologie entwickeln, die die Welt in alle Richtungen verändern wird.

Altmans Überzeugungen sind geprägt von den Theorien des US-amerikanischen politischen Ökonomen Henry George (1839–1897). George glaubte an die Macht von Marktanreizen zur Schaffung von zunehmendem Wohlstand und verachtete dabei gleichzeitig diejenigen, die auf knappe Vermögenswerte wie Land spekulieren, anstatt ihr Kapital in menschlichen Fortschritt zu investieren.

Sam Altman wurde im Dezember 2023 bei einem Interview von TIME gefragt, ob er eine Zukunftsvision hat, die ihm hilft, seinen verschiedenen Investitionen und Interessen einen Sinn zu geben. Seine Antwort war „Überfluss schaffen. Das Streben nach Fusion und Superintelligenz sind Eckpfeiler der gerechteren und wohlhabenderen Zukunft. Wenn wir über reichlich Intelligenz und reichlich Energie verfügen, wird das den Menschen mehr helfen als alles andere, das ich mir vorstellen kann.“

Die Zukunft wird zeigen, welche Entwicklungen künstliche Intelligenz nehmen wird. Ein Bot wie ChatGPT, mit ausgefeilter KI wird in vielen Bereichen einen intellektuellen Quantensprung bedeuten. Sich immer wiederholende Tätigkeiten wie in Ämtern, bei Rechtsanwälten und von Versicherungen kann ein Bot viel schneller und besser erledigen als ein Mensch. Aber auch Probleme in Umweltfragen kann KI lösen helfen. Große technologische Veränderungen eliminieren immer auch traditionelle Arbeitsplätze, aber sie schaffen gleichzeitig viele neue Möglichkeiten. KI kann z. B. für Ärzte eine genauere Diagnostik ermöglichen, diese wiederum viel Zeit und Ressourcen sparen. Die weitreichenden Folgen dieser Technologie können helfen, den Lebensstandard von Milliarden Menschen dramatisch zu verbessern, und damit eine neue Zukunft schaffen.

Auf der anderen Seite kann KI viel Schlimmes anrichten. Waffensysteme, die mit einer speziellen KI ausgestattet sind, können destruktive Entscheidungen treffen und zivile Ziele zerstören. Eine betriebliche Personalentscheidung kann durch KI verzerrt und voreingenommen sein, wenn der Algorithmus in diese Richtung programmiert wurde.

Eine KI kennt keine Moral, keine Verantwortung und hat keine Ethik; sie muss auch keine Rechenschaft darüber ablegen. Die höflichen und manchmal auch humorvollen Antworten, die ein Chat-Bot gibt, sind nur einer der vielen Spiegel unserer Gesellschaft.

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