Meisterin auf Gewinnspur

Die erst 15-jährige Hakoah-Schwimmerin Aviva Hollinsky wurde diesen Sommer in Kapfenberg österreichische Meisterin über 400 Meter Lagen. Sie schließt damit an den Erfolg von Paul Haber an, der 1964 Staatsmeister über 100 Meter Brust wurde.

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© ÖOC / Michael-Meindl

Mit ihrer Zeit von 5:06.00 schlug Hollinsky nach den vier Lagen – 100 Meter Delphin, 100 Meter Rücken, 100 Meter Brust, 100 Meter Kraul – bei den österreichischen Meisterschaften mit einer Sekunde Vorsprung als Erste an. Ihre Bestzeit liegt aber sogar noch darunter, betont sie im Gespräch mit WINA, und zwar bei 5:01.75.

Nun strebt sie eine Zeit von unter fünf Minuten an, verrät sie. Diese bräuchte sie, um sich für die Teilnahme an den Junioren-Europameisterschaften im Sommer 2024 in Litauen zu qualifizieren. Ihr langfristiges Ziel sei aber die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles.

Die Olympischen Spiele waren es auch, die 2012 die damals Vierjährige zum Schwimmen brachten. „Ich habe die Bewerbe gesehen und wollte das auch.“ Das Schwimmen erlernt hatte sie zwar schon zuvor, aber ab dem Alter von vier Jahren besuchte sie dann Kurse der Hakoah, im Alter von sieben Jahren begann sie professionell zu trainieren.

„Wenn ich ins Wasser springe, ist es eine andere Welt“, erzählt sie, „da gehen dann alle meine Probleme weg, und ich fühle mich wohl.“ Das Training ist also immer nur mit Freude verbunden? Vier Mal in der Woche habe sie Frühtraining, und da sei das Aufstehen um fünf Uhr „schon recht zach, und manchmal muss ich mich sehr überwinden aufzustehen“, räumt sie ein, „aber ich habe ein Ziel im Kopf, und das möchte ich erreichen.“

Für dieses Ziel hat Aviva Hollinsky Wien und damit auch ihre Eltern bereits im Al ter von zwölf Jahren verlassen. Sie geht seitdem in einem Internat in England zur Schule. „In England gibt es eine gute Kombination von Schule und Schwimmsport“, sagt sie. So bekomme sie eine gute Schulbildung und könne gleichzeitig intensiv trainieren.

„Das ist mir eine Freude, denn es war die Hakoah,
die mich zum Schwimmen gebracht hat.“
Aviva Hollinsky

Zuletzt wechselte sie von Plymouth nach Tavistock im Süden Englands. Das Mount Kelly College hat ein eigenes Schwimmzentrum und biete damit tolle Trainingsbedingungen. Die Schwimmhalle sei nur zwei Gehminuten von ihrer Unterkunft im Internat entfernt, so Hollinsky. Und sie habe auch wegen des mit dem Schulwechsel ebenfalls verbundenen Trainerwechsels „ein gutes Gefühl für die nächste Saison“. Auch die Trainingspartnerinnen seien im Mount Kelly College ideal.

Bei Bewerben in Österreich wie zuletzt eben den Staatsmeisterschaften tritt sie aber nach wie vor für die Hakoah an. „Das ist mir eine Freude, denn es war die Hakoah, die mich zum Schwimmen gebracht hat.“ Rund fünf Mal im Jahr kommt Aviva auf Besuch nach Österreich, dann treffe sie ihre früheren Kollegen und Kolleginnen der Hakoah und schwimme auch ein paar Trainings. „Da freut es mich dann auch zu sehen, dass es Nachwuchs gibt.“ Die Zugehörigkeit zur Hakoah sei auch eine Verbindung zum Judentum, sagt die Schülerin, betont aber gleichzeitig: Sobald sie im Becken sei, zähle nur mehr eines – das Schwimmen.

Welchen Berufsweg sie einmal einschlagen möchte, weiß die 15-Jährige noch nicht. Studieren will sie jedenfalls in den USA, dort gebe es zahlreiche Universitäten mit idealen Trainingsmöglichkeiten und guten Schwimmteams. Denn auch, wenn die Schülerin jetzt noch nicht weiß, was sie studieren möchte, weiß sie eines ganz sicher: Sie möchte Profisportlerin sein.

Groß ist die Freude über ihren Erfolg bei den österreichischen Staatsmeisterschaften auch bei der Hakoah. Ihr erster Schwimmtrainer im Verein war Ferenc Keszthelyi, später trainierte Dietmar Stockinger die junge Schwimmerin. Bereits im Alter von zehn Jahren gewann Aviva sämtliche Bewerbe der Wiener und österreichischen Meisterschaften, in denen sie antrat. Im Alter von elf Jahren schwamm sie österreichischen Rekord über 800 Meter Kraul und 200 Meter Rücken in ihrer Altersklasse – diese Rekorde sind bis heute ungebrochen. 2019 nahm sie bei den Maccabi Games in Budapest teil und errang dabei sieben Mal Gold, vier Mal Silber und ein Mal Bronze. Im vergangenen Sommer qualifizierte sie sich bereits zum zweiten Mal für die Teilnahme am European Youth Olympic Festival (EYOF) und erreichte dabei als einzige Teilnehmerin aus Österreich ein Finale bei dieser Großveranstaltung.

Vor der Zäsur durch die Shoah brachte die Hakoah bereits Schwimmerinnen von Weltrang hervor. Judith Deutsch, Ruth Langer und Luci Goldner wurden sogar für die Olympischen Spiele 1936 in Berlin nominiert, weigerten sich aber, an diesen Spielen des Nazi-Regimes teilzunehmen. Sie verloren daraufhin ihre österreichischen Titel und wurden erst 1995 rehabilitiert.

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