„Erzählt ihnen, dass wir stark, vereint und aufrechten Ganges sind“

Eine Solidaritätsreise nach Israel - Eindrücke von Zerstörung, Stärke und Zusammenhalt. Bilder und Text von Rabbiner Jaron Engelmayer

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Our hearts are broken – but our spirit is strong

„Erzählt in euren Gemeinden nicht, dass wir deprimiert und gebrochen sind, erzählt ihnen, dass wir stark, vereint und aufrechten Ganges sind“ – so die Botschaft der Schwester von Mosche Ohayon, welcher am 7. Oktober mit seinem Sohn Eliad als Zivilist im Kampf gegen die Terroristen der Hamas in Ofakim gefallen ist. Mit ihrem selbstlosen und hingebungsvollen Einsatz verhinderten sie, zusammen mit Hunderten, wenn nicht Tausenden anderen Zivilisten, Polizisten, freiwillige Reservisten und Soldaten der Spezialeinheiten, ein weiteres Vordringen der Terroristen in die bewohnten Gebiete und retteten damit das Leben einer Unzahl Menschen.

Eine Solidaritätsreise nach Israel vom 20.-22. November zusammen mit 10 Rabbinern aus Deutschland hat enorme Eindrücke auf uns hinterlassen. Sie führte uns u.a. an die Orte des Geschehens, wie Kfar Aza, Sderot, Ofakim und Re’im, wo die Terroristen am 7. Oktober ihre Blut- und Brandspuren zogen. Bilder der blindwütigen Zerstörung und Verwüstung, von zerbombten und niedergebrannten Häusern und von zahllosen Einschusslöchern an Straßen und Wänden insbesondere in Kfar Aza, einer der von den Terroristen besonders stark infiltrierten und getroffenen Ortschaften, zeugen nach wie vor dem grauenvollen Hass, von welchem die Eindringlinge angetrieben waren.

Zerstörung in Kfar Asa
Wo früher glückliche Menschen wohnten

 

Die persönlichen Schilderungen der Geschehnisse von Überlebenden, oder Angehörigen der Opfer, erzeugten ein horrendes Szenario, etwa wie sich die Mutter von Ariel in Ofakim mit ihrer Schwiegertochter und den Enkeln durch ein Fenster des Obergeschosses ihrer Wohnung auf das Nachbarsdach retteten, während die Terroristen im Erdgeschoss eindrangen und ihr Sohn Ariel ihnen zum Opfer fiel. Oder wie sich die zivile Einsatzgruppe des Kibbuz Re`im unter der Leitung Imris mit sechs Mann und kaum Munition Dutzenden schwerbewaffneten Hamas-Kämpfern inmitten des Kibbuz einen stundenlangen Kampf boten und es schließlich fertig brachten, durch geschicktes strategisches Vorgehen und Bewahrung eines kühlen Kopfes mitten in der Hitze des Gefechts diese wieder aus dem Kibbuz zu treiben. Damit blieb den Bewohnern ein ähnlicher Horror wie in Beeri, Kfar Aza, Nir Oz, etc. erspart.

Wir fuhren durch die Geisterstadt Sderot, aus welcher die knapp 40,000 Bewohner in Hotels im Landesinneren evakuiert wurden – so wie Hunderttausende weitere Israelis rund um den Gazastreifen und an der Nordgrenze, seit fast zwei Monaten! „Zewa adom“ begegnete uns gleich als kleiner „Willkommensgruß“ aus dem Gazastreifen: Ein Alarmzeichen, dass Raketen in unsere Richtung unterwegs waren, was bedeutete, innerhalb von 15 Sekunden (!) Schutzräume aufzusuchen. Für 15 Rabbiner in einem Minibus sitzend ein unmögliches Unterfangen. G.s.D. gibt es den „Iron Dome“, welcher auch in diesem Fall die Raketen, für uns schutzsuchend an einer Straßenwand liegend gut sichtbar, am Himmel abfing – etwas vom Schrecken dieser Sekunden blieb jedenfalls an uns hängen. Die Trümmer der Polizeistation der Stadt Sderot, wo sich 25 Terroristen verschanzt hielten, erzählten vom harten und heldenhaften Kampf, welche Polizisten und Bewohner dort auszufechten hatten.

Die Besichtigung des Militärlagers Schura, in welchem Leichen identifiziert und zur Beerdigung vorbereitet werden, und die damit verbundenen Beschreibungen von den Leichenbergen der Terroropfer während der ersten Tage nach dem 7. Oktober ließen erschaudern.

Vom deutschsprachigen israelischen Armeesprecher Major Arye Sharuz Shalicar erhielten wir ein umfassendes Bild des strategischen Vorgehens Israels, der mannigfachen weiteren Gefahren und Risikoherde, welche Israel gleichzeitig herausfordern, wie etwa das Säbelrasseln der Hisbollah im Norden Israels, die Unruhen in der Bevölkerung der Westbank, oder der Beschuss aus dem Yemen.

Treffen mit Armeesprecher Major Arye Sharuz Shalikar

Insgesamt waren die Eindrücke sehr gemischt: So bedrückend die Bilder und Zeugnisse der Orte des Schreckens, so inspirierend das Zusammentreffen mit den Menschen.

Von großen rabbinischen Persönlichkeiten wie Israels Oberrabbiner David Lau, Rabbiner Yaakov Shapira (Rosch Yeschiwa der berühmten Merkaz HaRav), Rav Yechiel Wassermann (Präsident der Misrachi Olami, Organisation der Reise) und Rav Doron Perez (Generaldirektor der Misrachi Olami), dessen Sohn unter den Geiseln ist, über Familien und Angehörige Gefallener und Ermordeter, hin zu verwundeten Soldaten im Krankenhaus, Polizeichefs und zivile Sicherheitsleute der Ortschaften, schlug uns ein Tenor unisono entgegen: Das jüdische Volk ist stark, vereint und motiviert!

Die verwundeten Soldaten im Krankenhaus Barzilai in Ashkelon versetzten uns mit ihrer ungebrochenen Motivation in blankes Staunen. Wer kann, möchte sich trotz der Verwundung sofort wieder den Kameraden im Gazastreifen im Kampf gegen die Hamas anschließen. Dor ist ein Soldat, welcher eine Woche zuvor bereits mit Granatsplittern im linken Arm im Krankenhaus versorgt werden musste, und nun kaum eine Woche später mit Splittern im Oberschenkel wieder im Krankenhaus war. Sogar die versorgende Krankenschwester konnte sich noch an ihn erinnern. Dennoch erklärte er mit einem Lächeln und gleichzeitig mit Nachdruck, spätestens am nächsten Tag wieder bei seinen Leuten im Kampfesgebiet zurück sein zu wollen. So auch Shachar, der Kompanie-Kommandant nebenan, welcher es kaum erwarten konnte, zurück zu sein, um seine Soldaten gegen das verkörperte Böse in den Kampf zu führen. Unser Gebet und den Segen nahmen die Verwundeten, manche in schwerem und gar kritischem Zustand, und ihre Angehörigen, äußerst dankbar an, das Zeichen der internationalen Solidarität gab ihnen sichtbar Kraft.

Am Jisrael – das Volk Israel – kann auf seine Kinder stolz sein, stolz auf die Soldaten, stolz darauf, dass sich Juden heute wieder verteidigen und mit himmlischer Hilfe ungebrochenen Geistes s.G.w. siegen werden. Am Jisrael chai!

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