Unermüdlich gegen rechts

Die Plattform Stoppt die Rechten legt seit acht Jahren offen, was in Österreich an rechtsextremen Umtrieben existiert. Das Ausscheiden der Grünen aus dem Nationalrat zwang die Initiative, sich neu zu organisieren. Diesen Mai ging Stoppt die Rechten wieder online. WINA sprach mit dem Gründer Karl Öllinger über Erfolge und die Mühen der Ebene.

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Karl Öllinger. Unter seiner Leitung arbeitete die Rechercheplattform Stoppt die Rechten das Netzwerk hinter der rechten Seite heraus. © Daniel Shaked

Dass einige der Verantwortlichen der Seite Alpen-Donau.Info, allen voran Gottfried Küssel, schließlich vor Gericht gestellt und verurteilt wurden, ging zwar nicht nur, aber auch auf das Konto von Stoppt die Rechten. Konsequent arbeitete die Rechercheplattform unter der Leitung Karl Öllingers das Netzwerk hinter der rechten Seite heraus und pochte bei den Behörden auf Schließung des Internetmediums. Alpen-Donau war, wie Öllinger heute erzählt, „auch mit ein Gründungsmotiv“ von Stoppt die Rechten. „Die Hetze, die auf Alpen-Donau gegen bestimmte Personen betrieben wurde, hatte ein Ausmaß erreicht, bei dem man nicht mehr sicher war, ob es bei verbaler Hetze im Netz bleibt. Einige Formulierungen beinhalteten schon deutlich gewalttätige Sprache, sodass nicht klar war, ob das nicht auch physisch problematisch werden könnte.“

2010, als Stoppt die Rechten gegründet wurde, war die offizielle Behördenposition noch die, dass der Server der Seite in den USA liege und man also in Österreich nichts dagegen unternehmen könne. Öllinger trug dann Material um Material zusammen und stellte eine parlamentarische Anfrage an das Innenministerium, in der auch viele Namen genannt wurden, „von denen wir ziemlich sicher waren, dass sie in einer Beziehung zu Alpen-Donau stehen. Und es hat sich dann herausgestellt, die Namen waren alle in einer bestimmten Form von Nähe und Distanz mit Alpen-Donau verbunden, wobei das ja nicht nur eine Webseite war, sondern auch ein Forum, dort wurde noch mehr nationalsozialistisch gewütet.“

Ein Name, der inzwischen in anderem Kontext oft zu hören ist, ist der von Martin Sellner. Heute steht er für die Identitäre Bewegung in Österreich, gegen die kürzlich von der Staatsanwaltschaft Graz Ermittlungen eingeleitet wurden. Damals soll er, wie medial bereits vor Jahren gemutmaßt und nun von Öllinger einmal mehr betont wurde, Administrator von Alpen-Donau gewesen sein – er wurde aber deshalb nie vor Gericht gestellt.

»Auffällig war, dass ziemlich viele FPÖ-Funktionäre
auf Facebook unmittelbare Kontakte
zu Neo-nazis hatten.«
Karl Öllinger

Dass die Identitären nun behördenseits endlich wegen des Verdachts auf Verhetzung sowie der Bildung einer kriminellen Vereinigung ins Visier geraten sind, war auch für Öllinger überraschend. Er ortet hier angesichts der momentanen politischen Lage den Versuch der Justiz, ihre Unabhängigkeit zu demonstrieren. Es zeige aber, dass bereits genügend Material gegen die Identitären zusammengetragen worden sein müsse, was positiv sei. Dass die Ermittlungen nun trotz Krise im Verfassungsschutz eingeleitet worden sind, ist für Öllinger schlüssig. „Ich würde sagen, das eröffnet auch Räume. Das BVT ist nicht handlungsfähig. Hätte das BVT mehr zu sagen, wäre das vielleicht gar nicht so einfach.“

Immer wieder arbeitete Stoppt die Rechten Verbindungen zwischen den Identitären und der nunmehrigen Regierungspartei FPÖ heraus. Diese würden bis zum heutigen Klubchef Walter Rosenkranz reichen, der die Identitären vor einiger Zeit bei einer Veranstaltung von der Rednerbühne begrüßt habe. Aber auch der jetzige Innenminister Herbert Kickl habe wenig Berührungsängste: Er sprach 2016, damals noch FPÖ-Generalsekretär, beim Kongress Verteidiger Europas, auf dem sich auch die Identitären tummelten. Deren Verbindungen wiederum reichen ebenfalls in rechtsextreme Kreise. Ordner kämen aus der in- und ausländischen Nazi-Hooligan-Szene.

Und hier schließt sich der Kreis. Denn in den Anfangsjahren deckte Stoppt die Rechten ein ums andere Mal auf, wie vernetzt FPÖ-Politiker mit Rechtsextremen und Neonazis in den sozialen Medien waren. „Auffällig war, dass ziemlich viele FPÖ-Funktionäre – und zwar mittlere und höhere Garnitur – auf Facebook unmittelbare Kontakte zu Neonazis hatten, und zwar nicht zu irgendwelchen unbekannten Neonazis, sondern zur Crème de la crème von Holocaust-Leugnern oder Neonazis in Deutschland. Das war schon sehr heftig.“

Damit konfrontiert, sei die übliche Reaktion gewesen: „Der ist mir in die Freundschaftsliste hineingerutscht, ich schaue da nicht so genau.“ Etc. Inzwischen seien diese unmittelbar rechtsextremen Kontakte bei den meisten FPÖ-Politikern verschwunden, konstatiert Öllinger. „Ich habe irgendwann einmal gesagt, wir sind ja fast schon so etwas wie der Putztrupp der FPÖ. Und das ist eigentlich eine Funktion, die man nicht gerne erfüllen will, weil ja zu erwarten ist, dass eine Partei, die sagt, dass sie demokratisch agiert, selbst dafür sorgt, dass sie keine Nazis in ihren Reihen hat.“

Als einen großen Erfolg von Stoppt die Rechten wertet Öllinger zudem das Sichtbarmachen, dass mit David Duke ein internationaler Rechtsextremer, der früher dem Ku-Klux-Klan angehörte, Jahre lang in Österreich lebte. Er hatte dabei ordnungsgemäß angemeldete Wohnsitze in Salzburg und Zell am See. Inzwischen ist Duke in Österreich nicht mehr erwünscht. Warum die Behörden hier zuvor nicht von sich aus aktiv geworden waren, kann Öllinger genauso wenig verstehen wie das zunächst zögerliche Vorgehen gegen Alpen-Donau.

Ein ähnlich gelagerter Fall ist die Netz­enzyklopädie Metapedia, die seit 2006 teils rechtsextremes Gedankengut verbreitet. Hier wird von offizieller Seite betont, das Portal werde in Schweden gehostet, damit sei Handhabe schwer. Doch Öllinger sieht hier durchaus auch Anknüpfungspunkte in Österreich. Zum einen gebe es Hinweise auf österreichische Autoren auf der Seite. Zum anderen sei Metapedia unter dem Namen Daniel Friberg registriert. Und dieser von Stoppt die Rechten als rechtsextrem eingestufte schwedische Verleger und Autor sei 2014 Gast am Akademikerball der FPÖ gewesen. Öllinger ist sich zudem sicher, dass man Metapedia mit dem Verbotsgesetz erwischen könnte. „In alten Einträgen wimmelt es nur so von Verherrlichungen.“

Stoppt die Rechten wird wie bis zum zwischenzeitlichen Aus durch das Ausscheiden der Grünen aus dem Parlament nun wieder konsequent Verbindungen rechter zu rechtsextremen Milieus aufzeigen und Netzwerke sichtbar machen. Dazu gehört auch das Berichten von Wiederbetätigungsprozessen, das sich heute – beklagt Öllinger – kaum Medien mehr leisten. Geschworenenberatungen dauern oft lange, das könnten sich Zeitungen heute mit begrenzten Personalressourcen kaum noch leisten. „Wenn da nicht mehr berichtet wird, ist das aber problematisch.“ Warum? Weil, wie Öllinger betont, ein wichtiger Aspekt einer Verurteilung wegen Wiederbetätigung die Generalprävention sei. Und wenn dann nichts öffentlich gemacht werde, falle auch der vorbeugende Effekt weg.

Immer wieder steht die Namensgebung der Plattform in der Kritik. Sei man nun gegen Rechte allgemein oder doch nur gegen Rechtsextreme? „In der praktischen Auseinandersetzung ist ganz klar, dass wir uns auf extremistische Positionen beschränken“, erklärt Öllinger. Er gibt aber zu bedenken, dass sich Extremismus eben nicht mehr nur am Rand der Gesellschaft befinde, sondern, „und das hat auch schon der Verfassungsschutz bemerkt, in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist“.

„Zu welchen Äußerungen sich Menschen hinreißen lassen, dass sie andere Leute, ganze Gruppen, Geflüchtete etwa, nach Mauthausen, nach Auschwitz wünschen, das sind nicht immer nur die klassischen Rechtsextremen, da hat sich in den letzten Jahren tatsächlich etwas verändert. Und es ist erschreckend, wie breit oder wie bestimmend rechtsextreme Positionen in der Mitte gelandet sind und übernommen wurden.“

So ortet Öllinger etwa auch den Effekt, dass mit dem Wechsel der FPÖ von Opposition zu Regierung „die mediale Öffentlichkeit zu einem Teil schon klein beigibt“. Da werde etwa geschrieben, Strache wolle mit dem Antisemitismus in seiner Partei aufräumen. Und dann seien da aber die Aussagen von FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus zu Soros, und auch Strache äußere sich ähnlich, und das werde teils in keinen Kontext gesetzt. Was bleibe, sei die Botschaft Straches, er ändere die Haltung der FPÖ gegenüber Juden und Jüdinnen. Stoppt die Rechten werde solche Zusammenhänge jedenfalls weiter aufzeigen und alles, was als rechtsextrem einzustufen ist, auch so benennen. 

stopptdierechten.at


Stoppt die Rechten

Die Initiative Stoppt die Rechten wurde 2010 vom damaligen grünen Nationalratsabgeordneten Karl Öllinger gegründet. Nach rund 4.000 Einträgen ging die Plattform nach dem Ausscheiden der Grünen nach der Nationalratswahl im Vorjahr offline. Die Finanzierung, die zuvor über den Grünen Klub sowie die Grüne Bildungswerkstatt erfolgte, musste neu aufgestellt werden. Öllinger gründete einen Verein und wandte sich an die Zivilgesellschaft. Nun ist eine Finanzierung zumindest einmal bis Jahresende gesichert. Ermöglicht haben das Spenden der Grünen, der Liste Pilz, aber auch zahlreicher Einzelspenderinnen und -spender. Gerne hätte man auch die SPÖ ins Boot geholt, das ist aber bisher noch nicht gelungen. Um auch im kommenden Jahr weiterarbeiten zu können, bittet die Plattform weiter um Spenden.

 

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