Wenn sich Gräben auftun

Der Nahostkonflikt ist seit Langem globaler Spielball verschiedenster Interessen. Traurig ist, wenn Jugendliche, die tausende Kilometer entfernt von Israel und Gaza leben, dadurch gegeneinander aufgehetzt werden.

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Zeichnung: Karin Fasching

Social Media at their worst: Wenn Raketen Richtung Israel fliegen und Israel seinerseits militärische Ziele in Gaza bombardiert, entstehen im Nu zig Memes, die geteilt und geteilt und geteilt werden. Meine Tochter zeigte mir dieser Tage ein besonders heftiges: In Comic-Manier gezeichnet, ist darauf zu sehen, wie auf einen Israeli eine TV-Kamera gehalten wird, während über der Grenze die Leichen von Palästinensern – sehr blutig dargestellt, etwa mit abgetrenntem Kopf – am Boden liegen. Solche Darstellungen werden dann auch von Jugendlichen hier in Österreich weitergepostet, und der Hinweis, dass hier doch auch einmal ein Blick auf Nachrichtenportale gut wäre, wird weggewischt. Man habe schon seine verlässlichen Quellen. Und „die Medien“ würden ja nicht objektiv berichten.

Wer anerkannten Zeitungen und Fernsehstationen nicht mehr glaubt, sondern sich nur mehr über Memes informiert, ist am Ende eben nicht informiert und im schlechtesten Fall gebrainwasht.

 

Nun ist es ja tatsächlich so, dass auch aus jüdischer Perspektive so manche Berichterstattung über Vorkommnisse in Israel etwas biased erscheint. Aber dennoch: Wer anerkannten Zeitungen und Fernsehstationen, die sich grundsätzlich um objektive Berichterstattung bemühen, nicht mehr glaubt, sondern sich nur mehr über Memes, die via WhatsApp und Instagram weitergereicht werden, informiert, ist am Ende eben nicht informiert und im schlechtesten Fall gebrainwasht. Ähnliches war in den vergangenen Monaten auch in Sachen Corona-Pandemie zu beobachten.

In Israel selbst sorgten diesen Mai nicht nur die Raketenangriffe für Aufregung, sondern auch Ausschreitungen arabischer Israelis gegen ihre jüdischen Nachbarn. Keine Rede mehr von friedlicher Koexistenz, da wurde geplündert und niedergebrannt. Eran Singer, der sich im israelischen Fernsehen (Channel 11) und Radio (Kann Reshet Bet) seit Jahren für ein friedliches Miteinander einsetzt, beklagte nun, dass vor allem die jüngere Generation nur mehr auf Basis dessen handle, was sie auf Social Media erfahre. Und wenn dort Hass geschürt wird, führt das dann auch zu Gewalt auf der Straße.

Was positiv stimmt: Sofort gab es in Israel zig Demonstrationen, bei denen Israelis – jüdisch und arabisch – gemeinsam für Frieden und vor allem für ein friedliches Miteinander auf die Straße gingen. Und dennoch bleibt: Dieses gute Miteinander wird sehr rasch sehr brüchig.

Das zeigte sich bei den Ausschreitungen in Lod in Israel. Das zeigte sich aber auch tausende Kilometer entfernt bei einer Kundgebung in Wien, bei der Hamas-Fahnen zu sehen und antisemitische Sprechchöre zu hören waren. Mit dabei auch Wiener Jugendliche, mobilisiert via WhatsApp und Instagram, die meinen, sie gehen hier für die gerechte Sache auf die Straße. Die gar nicht merken, wie sie hier instrumentalisiert werden und dass sich das eine Unrecht nicht gutmachen lässt, indem man selbst anderes Unrecht begeht. Da zerbrechen dann auch vom einen auf den anderen Tag Freundschaften, da entsteht in so manchem Klassenzimmer eine vergiftete Atmosphäre. Einfach nur zum Verzweifeln.

1 KOMMENTAR

  1. Ich finde, dass jüdische Funktionäre gewisse Untaten der israelischen Regierung auch hierzulande oft schönreden. Es wäre hier mehr Objektivität vonnöten. Ich habe Verständnis dafür, wenn man auf Demos geht und sich mit den Palästinensern solidarisch zeigt. Ich war selbst schon auf einer.

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