Abschied von der Disco Queen

Anfang Mai starb Régine Zylberberg 92-jährig in der Nähe von Paris. Die polnische Holocaust-Überlebende hatte einige der elegantesten Nachtclubs in Europa und den USA gegründet.

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© Regis Duvignau / Reuters / picturedesk.com

Hier galten harte Bekleidungsvorschriften. Sogar Mick Jagger wurde in der noblen New Yorker Diskothek Regine’s am Eingang abgewiesen, Turnschuhe und fehlende Krawatte gingen gar nicht. In den 1970er-Jahren war der Nachtclub auf der Park Avenue an der 59. Straße der Ort für die Reichen und Schönen des Big Apple: Liza Minelli traf man dort und Jack Nicholson, Peter Falk oder Warren Beatty, das Supermodel Imam sowie den ehemaligen Außenminister Henry Kissinger.

Zusammengebracht hatte sie alle Régine Zylberberg. Sie war als Tochter jüdisch-polnischer Emigranten 1929 in Belgien geboren worden. Ihre Mutter hatte sie und ihren Vater früh verlassen, die beiden überlebten die Nazi-Zeit versteckt in einem französischen Konvent. Nach dem Krieg verkaufte sie Wäsche als fliegende Händlerin, ihr Vater eröffnete in Paris ein Café. Eigentlich wollte sie Sängerin werden, aber die Karriere hob nach einigen Anfangserfolgen nicht wirklich ab. Später sollte sie sie dann eine einzige Schallplatte herausbringen, eine Cover-Version von I will survive von Gloria Gaynor.

1957 eröffnete sie in Paris im Quartier Latin ihr erstes Lokal, Chez Régine. Es war bald beliebt unter Literaten und Prominenten, gesehen wurden dort etwa Brigitte Bardot, Rudolf Nureyev oder der Herzog von Windsor, der ehemalige englische König. Der Erfolg des neuen Modells Disco Style – Platten von einem DJ aufgelegt statt von einer Live-Band gespielt – ließ sie bald expandieren: Régine eröffnete weitere Clubs in London, Monte Carlo oder Los Angeles, es sollten mehr als 20 werden.

„Ich bin diejenige, die die Stadt vor der Pleite gerettet hat.
Ich habe sie wieder glücklich gemacht.“
Régine Zylberberg

Anfang der 1970er-Jahre übersiedelte Régine nach New York und wohnte dauerhaft im Hotel Delmonico. Im selben Gebäude etablierte sie dann den Nachtclub, für das Kulinarische war der Starkoch Michel Guérard verantwortlich. Später entwarf sie sogar eine eigene Disco-Bekleidungskollektion, die bei Bloomingdale’s verkauft wurde. Ein weiteres elegantes Restaurant in Paris folgte, schließlich übersiedelte sie mit ihrem zweiten Ehemann nach Saint-Tropez.

Die New Yorker Edel-Disco bekam allerdings zunehmend harte Konkurrenz, vor allem das legendäre Studio 54 zog bald die Reichen und Schönen ab. Andy Warhol gehörte zu denjenigen, die Regine’s noch länger treu blieben. Anfang der Neunzigerjahre musste sie endgültig schließen. Doch Régine resümierte ihre erfolgreichen New Yorker Nächte durchaus selbstbewusst. In einem Interview mit dem New York Magazine sagte sie, sie habe „Mund-zu-Mund-Beatmung“ geleistet und sei „diejenige, die die Stadt vor der Pleite gerettet hat. Ich habe sie wieder glücklich gemacht.“ Régine starb am 1. Mai 92-jährig in einem Vorort von Paris.

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