Gut gerahmt – aber nirgends zu Hause

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Dwora Fried reduziert künstlerisch ihre Erlebnisse auf kleinste Räume. Von Marta S. Halpert

Sie lebt in der großen, weiten Welt, und dennoch lässt sie ihre kleine, innere nicht los. Als Künstlerin versucht Dwora Fried durch das Einrahmen und Einkasteln vieles aus ihrem persönlich Erlebten einzufangen, festzuhalten, zu visualisieren. Das Ergebnis dieses künstlerischen Versuches präsentiert sie schon seit Jahren erfolgreich in Fotografien, Collagen und vor allem in ihren Boxen.

Im Jüdischen Museum von Venedig (Museo Ebraico di Venezia) sind die Arbeiten der gebürtigen Wienerin unter dem Titel Outsider in a Box von Anfang Juni bis Mitte September 2013 zu sehen. Den Einblick in ein bewegtes Leben zeigt Fried auf engstem Raum: Die Boxen sind 31 cm breit,  21 cm hoch und 8 cm tief. Dennoch finden ein Klavier, ein tanzendes Mädchen, eine Puppe und ein Kinderkopf in einem hängenden Käfig reichlich Platz. „Ich verwende alte Fotografien, Spielzeug aus den 40er- und 50er-Jahren. Das sind insgesamt symbolische Objekte und Farben, die mein Leben als Jüdin, Österreicherin und Lesbin widerspiegeln“, erzählt Dwora Fried bei ihrem jüngsten Besuch in Wien. Sie lebt in Los Angeles und kam zum Begräbnis ihrer Mutter in ihre Geburtsstadt. „Auch nach der Schiwa bin ich einige Tage in ihrer Wohnung geblieben, weil mich diese vertraute Umgebung auch künstlerisch bereichert.“

„Verdrängte Ängste, Isolierung und Klaustrophobie kommen in einem kleinen Raum am besten zur Geltung.“

Aber wie kam es zu dieser Kunst im Kleinformat? „Verdrängte Ängste, Isolierung und Klaustrophobie kommen in so einem kleinen Raum am besten zur Geltung“, meint Fried, die das Wort Heimat noch immer provoziert, „weil ich mich nie wirklich irgendwo zu Hause fühle. Ich lebe mittlerweile mehr als 30 Jahre in Los Angeles. Erstaunlicherweise durchdringt meine österreichische Vergangenheit fast jede meiner Arbeiten.“

Schon mit 18 Jahren wusste Dwora Fried, dass sie gerne etwas Künstlerisches machen würde, trotzdem begann sie nach dem Lyceé Français in Wien mit dem Philosophie- und Französisch-Studium an der Tel Aviv University. Doch sehr bald wechselte sie an die renommierte Avni School of Fine Arts, wo sie sich zuerst der Landschaftsfotografie widmete. Unter dem Einfluss ihres berühmten Lehrers, Professor Absalom Okshi, begann Fried dann mit der Arbeit an Fotocollagen. „Ich habe meinen eigenen Weg gesucht und spürte nur, dass ich Räume schaffen wollte.“ Ausgerechnet im Ikea-Möbelhaus fand sie dann die Boxen mit dem Glasschuber, in die sie ihre gesammelten Gegenstände hineinhängen konnte.

Die Lebenspartnerin

Die große Wende in Frieds privatem und künstlerischem Leben kam, als sie mit ihrem israelischen Ehemann nach Los Angeles fuhr, der dort als Architekt zu tun hatte. „Wir besuchten gemeinsam das Ehepaar in dem Haus, das er umbauen sollte. Ich verliebte mich sofort in Jehan, eine ägyptische Muslima.“ Offensichtlich war die Liebe gegenseitig, denn beide Frauen ließen sich von ihren jeweiligen Ehepartnern scheiden und leben seit 32 Jahren glücklich zusammen. „Wir haben unter einer Chuppa jüdisch geheiratet“, lacht Dwora Fried. „Meine jüdische Identität ist durch diese Beziehung noch stärker geworden“, erzählt die Mutter zweier erwachsener Kinder aus erster Ehe, die mit ihrer Lebenspartnerin zwei weitere, kleine Kinder hat.

Bevor Fried in Los Angeles als Künstlerin Fuß fassen konnte, arbeitete sie bei einem Jewish Family Service, einer Sozialhilfe für ältere Menschen. „Ich habe von diesen alten Leuten so viel erfahren und gelernt. Sie haben mir alte Zeitungen und Fotos geschenkt, und da habe ich über Nacht wieder mit den Collagen und Boxen zu arbeiten begonnen.“ Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Die Arbeiten von Dwora Fried wurden mehrmals in Los Angeles präsentiert, von dort ging es nach New York, London und Kapstadt. Im September 2009 wurde in Litauen das Projekt Surviving History: Portraits from Vilna vorgestellt. In Österreich waren die Arbeiten der Wienerin bisher zweimal zu sehen: Im Jahr 2000 in der Kosmos-Galerie in Wien und am 13. Februar 2013 in der Kunsthalle Krems im Rahmen einer Pecha Chucha-Nacht. Mit der Ausstellung im Jüdischen Museum von Venedig schließt sich ein gedanklicher Bogen für Dwora Fried: Das Museum liegt im Campo Ghetto Novo, also einem geistigen Ort, der dem Schaffen der Künstlerin nicht unähnlich ist.

dworafried.com

 

 

2 KOMMENTARE

  1. Nach der gestrigen Radiosendung auf diese ‚Künstlerin‘ aufmerksam geworden, schaue ich heute früh im Internat nach und finde mich bestätigt: Hausfrauenkunst, und um kein Jota mehr. Frau Fried verriet sich schon im Interview als eine Selbstüberschätzung, vermeintlich interessant durch ihre jüdische Identität und ihre ungewöhnliche Sexualität. Hat sich was!

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