Israel, auf der Erde und im All

Dina Baranes wirbt in Österreich für das moderne Israel: Im Center for Israel Studies organisiert sie Vorträge und Künstler- besuche. Als Liaison Officer für Space Pharma sucht sie Kunden, die Experimente in der Schwerelosigkeit durchführen wollen.

1800
Dina Baranes. Zu ihren beiden Jobs ist Dina Baranes über mehrere Umwege gekommen. Erst im Nachhi­nein erscheint ihre Karriere logisch. © Reinhard Engel

Was finde ich spannend? Wofür brenne ich?“ Dina Baranes stellt sich diese Fragen eher rhetorisch. Denn sie weiß es genau. Es ist Israel als ihre „geliebte zweite Heimat“ mit seinen akademischen und künstlerischen Leistungen. Und es ist die Raumfahrt mit ihren bisher noch weitgehend ungenutzten Möglichkeiten für Forschung und Produktentwicklung.

Sie kann diese beiden – auf den ersten Blick voneinander weit entfernt scheinenden – Ziele in ihren aktuellen Jobs unter einen Hut bringen. Einerseits arbeitet sie als Generalsekretärin des Center for Israel Studies in Wien, organisiert Lectures israelischer Wissenschaftler an der Diplomatischen Akademie oder an der Universität Wien, bringt Autoren wie Meir Shalev und David Grossmann nach Österreich. Anderseits vertritt sie ein interessantes israelisch-schweizerisches Start-up, Space Pharma. Dieses bietet wissenschaftlichen Institutionen und einschlägigen Unternehmen an, für sie Experimente im schwerelosen Zustand zu organisieren.

Das Center for Israel Studies gehört nicht zur israelischen Regierung, es handelt sich dabei um einen österreichischen Verein, der sich etwa über Gelder des Nationalfonds oder der Stadt Wien finanziert. Space Pharma wurde vor fünf Jahren vom israelischen Armee-Veteranen Yossi Yamin gegründet. Das 25-Mitarbeiter-Unternehmen hat sein firmenrechtliches Headquarter in der Schweiz, die Forschungs- und Entwicklungsabteilung in Israel, daneben gibt es noch ein kleines Büro im kalifornischen Palo Alto.

»Auch im Thinktank hat das Interdisziplinäre
eine große Rolle gespielt. Man betrachtet eine Sache nicht nur von einer Seite.«
Dina Baranes

Die Geschäftsidee beinhaltet, dass es für eine große Anzahl unterschiedlichster Forschungs- und Entwicklungsgebiete sinnvoll sein kann, Experimente im schwerelosen Raum durchzuführen. Das können pharmakologische Fragestellungen sein, Werkstoffverbindungen, Anwendungen in der Landwirtschaft oder der Lebensmittelchemie. Bisher wurden derartige Versuche von Astronauten auf der Raumstation ISS durchgeführt, sehr teuer und manchmal auch mit menschlichen Fehlern behaftet.

Der Nanosatellit DIDO, der
Forschungsanordnungen von Space Pharma enthält, beim Beladen. © Space Pharma

Space Pharma automatisiert diese Experimente und bietet dazu seinen Kunden drei Möglichkeiten an:

♦ Von Zürich aus startet ein Forschungsflugzeug. Dieses erzielt die Schwerelosigkeit im so genannten Parabelflug, allerdings nur für sehr kurze Zeit. Für manche Experimente genügt das, das kommt dafür auch deutlich billiger als der Weg weiter hinauf ins All. Kooperationspartner sind hier die Universität Zürich und die ETH.

♦ Space Pharma lädt aber auch Kästchen mit allen Voraussetzungen für Experimente in eine der regelmäßigen Versorgungsraketen zur ISS, allerdings mit einem entscheidenden Unterschied zu den bisherigen Forschungen: Die Experimente werden dort automatisiert bzw. vom Boden gesteuert durchgeführt, die Astronauten haben damit nichts mehr zu tun. Derartige Versuche wurden bisher schon zweimal erfolgreich abgewickelt.

♦ Und drittens geht dieser Versuchsaufbau gleich insgesamt als Untermieter in einen neuen Satelliten. Im All erfolgen dann die Experimente, die Daten werden zur Erde gefunkt. Das wurde bisher einmal gemacht.

Die Versuche im All betreffen derzeit etwa folgende Pharmazeutika: Impfungen gegen Salmonellenerkrankungen und Krankenhauskeime; einen Wirkstoff gegen Osteoporose; ein Medikament gegen Hepatitis C. Getestet werden auch Micro-Kapseln zum Transport von Medikamenten so nah wie möglich an einen Tumor heran.

Zu ihren beiden Jobs ist Frau Baranes über mehrere Umwege gekommen, erst im Nachhinein erscheint ihre Karriere logisch. Sie ist die Tochter des Radiopioniers Hubert Gaisbauer, der unter anderem für die Ö3-Musicbox verantwortlich war und die Sendung Menschenbilder in Ö1 begründete. Nach der Matura in Wien studierte sie Kulturanthropologie. Sie interessierte sich besonders für Israel, machte an der Tel Aviv University mehrere Auslandssemester und besuchte auch parallel einen Ulpan. Ihr Diplomarbeitsthema, angeregt von ihrem Wiener Professor, einem Jemen-Spezialisten, beschäftigte sich mit der – weitgehend verschwundenen – jüdischen Kultur im Jemen. Dafür musste sie noch extra eine besondere hebräische Schreibweise dieser Region lernen.

Nach dem Abschluss ging sie wieder nach Israel, arbeitete dort unter anderem im Büro des österreichischen Handelsdelegierten. Und sie lernte ihren Mann kennen, der in einem Kibbuz nahe Caesarea Finanzmanager war. Gemeinsam beschlossen sie, nach Österreich zu übersiedeln. Ihr Mann gründete ein Textilunternehmen in Wien, Beged. Sie arbeitete erst an der Uni Wien als Bibliothekarin und wechselte dann in eine völlig andere Welt: zu einem internationalen Thinktank für Raumfahrt in Wien, dem European Space Policy Institute. Das ist eine Einrichtung der European Space Agency (ESA) und des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BmVit). Baranes wurde engagiert, um dort eine Bibliothek aufzubauen.

Doch aus einer kurzfristig angelegten Einzelaufgabe sollten elf Jahre intensiver Arbeit rund um Raumfahrt und Technologie werden. „Ich habe einen sehr engagierten Chef gehabt, und er hat mich viel breiter eingesetzt.“ Sie wurde Communication Manager des Thinktanks, der nicht nur über 15 ständige Mitarbeiter verfügte, die Position Papers oder Reports verfassten, sondern auch über einen ständig wechselnden Fluss von Research Fellows und Visiting Researchers von außen. Darunter waren etwa auch ehemalige Astronauten, und Baranes spricht heute noch über die „große Faszination“, die das Thema für sie hatte und immer noch hat. „Von der Kulturanthropologie war das gar nicht so weit weg, wie man denken möge“, analysiert sie. „Auch im Thinktank hat das Interdisziplinäre eine große Rolle gespielt. Man betrachtet eine Sache nicht nur von einer Seite.“ Das ging bis zu Veranstaltungen zwischen Kunst, Musik und Raumfahrt.

Jetzt ist in ihrem Space-Pharma-Job das wichtigste Anliegen, österreichische Forscher und Unternehmen als Kunden zu gewinnen. „Besonders interessant ist dabei der Biotech-Cluster in Wien.“ Gefreut hat sie sich darüber, dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem Israel-Besuch trotz äußerst eng getaktetem Programm Space Pharma besuchte.

Auch im jüdischen Leben Wiens ist Baranes, die zum Judentum konvertierte, aktiv. Seit 12 Jahren arbeitet sie bei der Frauenorganisation WIZO mit, derzeit als Schriftführerin. Und auch ihre zwei Töchter sind bereits für Israel begeistert und überlegen, zumindest eine Zeit lang dort zu leben. 

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here