Horror vacui

Für alles gibt es ein erstes Mal – aber auch ein letztes. Autorin Anna Goldenberg berichtet in diesem Monat von einem besserwisserischen Kamel, motivierender Angst und ihrem Einkaufshass.

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© corn.at/Deuticke

Anna Goldenberg, geboren 1989 in Wien, studierte Psychologie an der Universität von Cambridge sowie Journalismus an der Columbia University und war anschließend Redakteurin der Wochenzeitung Jewish Daily Forward in New York. Zurück in Wien begann sie für den Falter über Politik und Medien zu schreiben und den Podcast der Wochenzeitung zu betreuen. 2018 erschien ihr vielgelobtes Buchdebüt Versteckte Jahre. Der Mann, der meinen Großvater rettete (Zsolnay Verlag). Für WINA berichtete sie regelmäßig über die Generation unverhofft – in dieser Ausgabe leider zum letzten Mal.

 

Das letzte Mal, …

dass mich die berühmte Angst vor dem weißen Blatt ergriffen hat, war …
… gerade eben. Unbeantwortete E-Mails haben den gleichen Effekt auf mich. Die Angst motiviert mich oft, etwas fertigzumachen. Manchmal allerdings lähmt sie mich, und dann höre ich mitten im Satz –

Das letzte Mal einen handschriftlichen Brief geschrieben habe ich …
… Anfang März, als ich in unserem Stiegenhaus einen Zettel für meine Nachbarn aufhängte. Wer Hilfe beim Einkaufen brauche, könne sich an mich wenden. Bis jetzt hat sich noch niemand gemeldet, zum Glück. Ich hasse einkaufen.

Versteckte Jahre.
Der Mann, der meinen Großvater rettete.

Zsolnay Verlag,
189 S., 20,60 €

Das letzte Mal eine schöne Postkarte bekommen habe ich …
… im Februar von meiner Cousine, die in Israel war. Sie zeigt ein gezeichnetes Kamel, das besserwisserisch durch eine Brille schaut und dabei breit grinst. Vielleicht hat es sie an mich erinnert? Ich will es nicht wissen.

Das letzte Mal, dass mich ein Thema, über das ich geschrieben habe, nicht mehr losgelassen hat, war …
… eines meiner letzten Interviews für „Generation unverhofft”. Ich habe für die Kolumne mehrere Menschen porträtiert, die erst als junge Erwachsene den Glauben für sich entdeckten und nun deutlich traditioneller als  ihre Eltern leben. Mich haben ihre Entscheidungsprozesse besonders interessiert.

Das letzte Mal stolz auf einen Text von mir war ich …
… heute Nachmittag, als ich Freunden eine WhatsApp-Nachricht schrieb. Da bin ich viel lustiger als in meinen Artikeln und Interview-Antworten.

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