Lachse aus dem Waldviertel

Eine österreichische Investorengruppe – unter ihnen der frühere Bundeskanzler Alfred Gusenbauer – errichtet in Gmünd eine große Lachsfarm. Die Technologie dafür kommt aus Israel.

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Alfred Gusenbauer ist Teil der Investorengruppe, die hinter dem neuen Projekt im Burgenland steht. © Reinhard Engel

Entscheidende Schritte sind schon gesetzt. Der Standort für die Fischproduktion ist fixiert, inklusive Pachtvertrag für die Grundstücke. Die zuständige Gemeinde, Gmünd im Waldviertel, hat das Projekt mit einem einstimmigen Beschluss abgesegnet. Erste Gespräche mit den großen Handelsfirmen Spar, Rewe, Hofer und Aldi ergaben großes Interesse am in Österreich gezüchteten Lachs.

„Wenn es mit allen Genehmigungen klappt, können wir Anfang nächsten Jahres zu bauen beginnen“, erzählt Alfred Gusenbauer, ehemaliger Bundeskanzler, heute Aufsichtsratschef des Baukonzerns Strabag und selbst Unternehmer. Er ist Teil einer Investorengruppe, die mit der Firma Burgenlachs eine Summe in der Größenordnung von 70 Mio. Euro bereitstellt, dabei sollen rund 100 Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Mengen an Fisch sollen in Österreich rund ein Drittel des gesamten derzeit importierten Lachsfleischs ersetzen.

„Die Idee ist von Grisha Alroi-Arloser gekommen, dem Leiter der AHK, der Deutsch-Israelischen Industrie- und Handelskammer in Tel Aviv“, so Gusenbauer. Geschäftsführer und ebenfalls beteiligt ist Gerald Gerstbauer, ein Unternehmensberater, ehemaliger Sozial- und Gesundheitspolitiker und Siemens-Manager, sowie eine Gruppe rund um den einstigen bauMax-Finanzvorstand Werner Neuwirth-Riedl. Gusenbauer selbst hält rund neun Prozent.

Später können sich diese Anteile am Unternehmen noch etwas verwässern, denn ein gewisser Prozentsatz davon ist für den Technologiespender vorgesehen. „AquaMaof wird uns nicht alle Anlagen verrechnen, sondern für einen Teil davon Equity bekommen“, so Gusenbauer. „Das ist von ihnen so gewollt, und das machen sie auch in anderen Ländern. Für uns bedeutet es, dass wir nicht so viel investieren müssen.“

Dabei handelt es sich um das israelische Unternehmen AquaMaof, das ähnliche große Fischzuchtanlagen in Hallen bereits in Betrieb vorzeigen kann. Das betrifft etwa Zackenbarsche in Asien, Shrimps in Israel selbst, Welse in der Slowakei oder Lachse in Polen und Kanada. In der Nähe von Berlin ist eine Fischzucht geplant, die die österreichische von der Größe her deutlich übertreffen soll.

AquaMaof ist aus einer Gründung von Bewohnern des religiösen Kibbuz Tirat Zvi hervorgegangen, dieser liegt im BetSche’an-Tal nahe dem Jordan. Ursprünglich entwickelte und baute man auch andere Maschinen für die Lebensmittelindustrie, etwa zur Fleischverarbeitung oder zum Rezyklieren von Wertstoffen. Seit 30 Jahren hat man sich zunehmend auf Fischzucht spezialisiert, inzwischen wurden mehr als 50 Anlangen in zahlreichen Ländern errichtet oder befinden sich im Bau. Immerhin 16 unterschiedliche Fischarten stehen auf dem Programm, von der einfachen Forelle bis zur Seebrasse. Besonders stolz sind die Israelis, dass sie mit ihrer Technologie den weitgehend üblichen intensiven Einsatz von Antibiotika und Chemikalien vermeiden können.

Fischzucht im Burgenland. Wie soll die Fischzucht unter Dach funktionieren? Lachse kommen zwar im Süßwasser zur Welt, wandern dann aber in den Ozean. Ihnen wird eine Art „Meer leicht“ geboten, sie bekommen salziges Wasser als Habitat. Außerdem werden Gegenstromanlagen installiert, damit sie sich bewegen und Muskeln entwickeln. Als Reifezeit werden 18 bis 24 Monate angenommen.

„Wir haben uns die Zahlen genau angeschaut. Der
Lachskonsum steigt nach wie vor.“
Alfred Gusenbauer

Die Produktionsabläufe sollen so ökologisch wie möglich gestaltet werden. Dazu gehört das Filtern und Rezyklieren des Wassers, so dass sowohl der Frisch- wie auch Abwasserbedarf gering bleiben. Die herausgesiebten Schwebstoffe werden als Dünger weiterverwertet, ein Gutteil der benötigten Energie soll von eigenen Solarpaneelen auf den Dächern sowie von Geothermie kommen.

Dennoch gibt es auch Kritik. „Die Zucht von Lachsen in Becken in Indoor-Fischzuchtanlagen, wie es in Gmünd geplant ist, ist aus Tierschutzsicht sehr fragwürdig“, heißt es in einer Aussendung des Vereins gegen Tierfabriken (VGT). „Denn Lachse können in solchen kleinen Becken ihre natürlichen Verhaltensweisen nicht ausleben.“ Investor Gusenbauer sieht den Vorwurf ungerechtfertigt. „Sie haben keinen Case. Von allem Lachs, der in den Handel kommt, stammen vielleicht fünf bis sechs Prozent aus Wildfang, der überwiegende Teil aus Aquafarmen mit all ihren Problemen. Jetzt unsere Produktion mit dem Leben der Fische in der freien Natur zu vergleichen, hinkt daher.“ Der Name des Unternehmens, Burgenlachs, lässt auf die ursprüngliche Idee schließen, die Fischzucht im Burgenland anzusiedeln. „Wir haben uns mehrere Orte angeschaut, auch in der Obersteiermark, und uns dann fürs Waldviertel entschieden“, erzählt Gusenbauer. „Das hat mit der Wassersituation zu tun, aber auch damit, dass es hier schon eine Tradition der Fischzucht gibt, mit den vielen Teichen.“

Wenn der Zeitplan aufgeht und der Bau zügig ausgeführt wird, kann der erste Lachs aus Gmünd Anfang 2026 auf heimischen Tellern landen. Verkauft werden soll er nur über die großen Handelsketten, ein Detailgeschäft für die Gastronomie wäre den Firmengründern zu kleinteilig und umständlich. „Wir haben uns die Zahlen genau angeschaut“, berichtet Gusenbauer. „Der Lachskonsum steigt nach wie vor.“

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