Schuhe mit Lächeln

Alber Elbaz, einer der international bekanntesten israelischen Modedesigner, war seit seinem Abgang bei Lanvin einige Jahre untergetaucht. Jetzt hat er eine Schuhkollektion für Tod’s entworfen.

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© Tod´s; Niu daqing / picturedesk.com

Er ist wieder da. Alber Elbaz, hoch talentierter israelischer Modedesigner, schwamm wie ein Fisch im Wasser, als er im Pariser Kunstmuseum Palais de Tokyo seine neue Schuhkollektion für die italienische Nobelmarke Tod’s vorstellte. Über den Chef des Schuhhauses, Diego Della Valle, sagte der rundliche Faun in seiner bekannt trocken-ironischen Art: „Diego und ich teilen die Liebe zum Essen und zu zweireihigen Jacken, die man nicht ganz schließen kann.“
Und er ging auch gleich indirekt auf die Jahre ein, seit er – bis heute weiß niemand genau warum – als erfolgreicher Chefdesigner des französischen Modehauses Lanvin überraschend gekündigt worden war.
„Es ist schon eine Weile her. Vier Jahre. Einige glückliche Momente und andere nicht so glückliche Momente. Aber das ist das Leben.“
Diego Della Valle brauchte einiges an Überzeugungskraft und einige Termine, bis Elbaz zusagte, für ihn eine Schuhkollektion zu entwerfen. „Kapselkollektion“, „Capsule Collection“, nennt die Branche das, wenn ein bekannter Designer für eine große Marke einmalig eine Serie von Kleidern oder Accessoires entwirft. Und die glücklichen Momente in seiner mehrjährigen Auszeit gaben Elbaz auch gleich den Namen für seine Schuhlinie: „Happy Moments“.
Es sind eigenartige Zwitterwesen, und sie strahlen den für den verschmitzten Israeli typischen Humor aus: Auf eine keilförmige Laufschuhsohle setzt er klassische Mokassinoberteile, wie man sie von traditionellen Schuherzeugern New Englands und von den Preppy-Outfits Ralph Laurens kennt. Und wie sie sonst auf den Tod’s-Schuhen mit der Noppensohle üblich sind. „Alles, was ich tun wollte, war, die Sohlen bei Tod’s zu ändern – nicht die Seele von Tod’s“, sagte Elbaz bei der Präsentation.
Die Kollektion entfernt sich auch von den Preisen her nicht gerade weit vom übrigen hochpreisigen Angebot der Gruppe – diese bietet neben Tod’s noch Schuhe der Marke Hogan und Fay-Jacken an. Die Loafer-Sneaker „Happy Moments“ kosten immerhin 450 Euro. Eine Elbaz-Karikatur mit Mascherl zwinkert übrigens den Besuchern des Onlineshops freundlich zu.

»Seine Kleidungsstücke, sagt er,
nehmen Bezug auf die vielen Hüte,
die eine einzelne Frau während eines
einzelnen Tages tragen kann:
als Mutter, Geliebte, Managerin, Partygast.«

Natalie Portman

Elbaz ist ein bunter, schräger Typ voller zarter Selbstironie, und er gilt gleichzeitig als einer der beliebtesten Designer der internationalen Modebranche. Die Berichterstattung über seine Wiederkehr, auch wenn sie zunächst einmal auf die eine Kollektion beschränkt ist, fand Widerhall in sämtlichen großen einschlägigen Medien, ob der amerikanischen Vogue oder der italienischen Elle. Einer Reporterin von Vogue erzählte er, was für ihn – neben den Überredungskünsten von Della Valle – den Ausschlag gegeben hatte, das Angebot anzunehmen. „Zuerst hat er mich nur in die Firma auf Pasta eingeladen. Aber dann habe ich dort begnadete Handwerker und Künstler getroffen. Die arbeiten nicht nur mit ihren Händen, sondern auch mit ihren Herzen.“

Happy Moments. Die neue Schuhkollektion von Tod’s – geänderte Sohle, die Seele bleibt. © Tod´s; Niu daqing / picturedesk.com

Pariser Chic. Elbaz, der selbst mit Händen und Herz arbeitet, bekam im Jahr 2001 einen der prestigeträchtigsten Jobs angetragen, den die Pariser Modeszene bieten konnte. Dabei spielte eine internationale Übernahme eine Rolle. Die taiwanesische Mediengruppe Harmonie S.A. hatte Lanvin gekauft. Das Modehaus war zuvor schon durch zahlreiche Hände gegangen, von der englischen Midland Bank bis zum Kosmetikmischkonzern L’Oréal. Die Besitzerin von Harmonie, Shaw-Lan Wang, sah in Alber Elbaz die Hoffnung, Lanvin wieder zu altem Glanz und Pariser Chic zurückzuführen.
Das dürfte ihm auch gelungen sein, glaubt man den Pressestimmen über die Jahre seiner kreativen Tätigkeit dort. Und es waren nicht nur die schwärmerischen israelischen Modejournalistinnen à la Haaretz, die „moderne feminine Eleganz“ erkannten, „ein Modehaus, das die Bedürfnisse und Wünsche der Frauen versteht und in sich aufnimmt“. Ähnlich formulierten es auch die ganz Wichtigen des internationalen Modegeschäfts, die Elbaz damals für sich gewinnen konnte. Suzy Menkes, Doyenne der Fashion-Berichterstattung unter anderem für die International Herald Tribune, aber auch für Vogue, berichtete bereits lange Jahre von den Laufstegen. Sie schrieb: „Elbaz ist der Darling jeder Frau. Und das inkludiert Nicole (wie in Kidman), Kate (Moss), Chloë Sevigny, Sofia Coppola sowie eine ganze Reihe von bedeutenden Namen aus dem Film.“
Und Elbaz wurde selbst über die Grenzen der eigentlichen Modepresse hinweg bekannt. Time Magazin nahm ihn 2007 unter die „100 Männer und Frauen auf, deren Macht, Talent oder moralisches Beispiel die Welt verändert“. In der kurzen journalistischen Laudatio schrieb die in Jerusalem geborene Schauspielerin Natalie Portman: „Seine Kleidungsstücke, sagt er, nehmen Bezug auf die vielen Hüte, die eine einzelne Frau während eines einzelnen Tages tragen kann: als Mutter, Geliebte, Managerin, Partygast.“ Und sie merkte auch an, dass dem kreativen Star der Bezug zum Alltag und zu den wirklichen Kundinnen nie verloren ging, dass er nicht bloß für die Idealfiguren der Mager-Models entwarf. Portman: „Alber geht oft von seinem Atelier hinunter ins Geschäft. Dort spricht er mit Kundinnen, adjustiert die Länge eines Rocks oder die Größe eines Ohrrings. Er entwirft, indem er von den Kundinnen lernt, und er erkennt daher genau, wodurch sich eine Frau wohl fühlt in ihrem eigenen Körper – und noch besser in einem Kleid, das einen staunen lässt.“

© Guillaume Horcajuelo / epa / picturedesk.com

Von Holon nach New York. Elbaz schaffte es sogar in den New Yorker, mit einem Porträt, das im ehrwürdigen, zynischen, scharfzüngigen Magazin der Großstadt nicht so schnell jemand bekommt. „Elbaz beschreibt seine Arbeit oft als „classic with a twist“, las man da. „In den acht Jahren, in denen Elbaz für Lanvin entwirft, hat er das Modehaus von einem verstaubten Artefakt der Vergangenheit zu etwas Einflussreichem und Prominentem gemacht. […] Selbst wenn er melancholisch und schwer wirkt, seine Kleider sind voller Freude und ganz ohne Gewicht.“ Es sollten dann noch weitere sechs Jahre werden, ehe ihm 2015 die Lanvin-Besitzerin Wang überfallsartig den Stuhl vor die Türe stellte.
Elbaz, Jahrgang 1961, ist nicht im Umfeld der Champs-Élysées aufgewachsen, ganz im Gegenteil. Er stammt aus einer jüdischen Familie in Marokko, seine Eltern emigrierten mit ihm nach Israel, als er noch ein Kind war. Sie lebten in bescheidenen Verhältnissen in Holon, Alber absolvierte nach der Mittelschule den Militärdienst und danach das Shenkar College für Ingenieurswesen und Design in Ramat Gan.
1987, als 26-Jähriger, wagte er sich beinahe mittellos nach New York. Erst arbeitete er zwei Jahre lang für einen Brautkleidhersteller, dann engagierte ihn der Designer Geoffrey Beene und wurde zu seinem Mentor. Sieben Jahre blieb er dort und lernte das Geschäft bei einem der damaligen amerikanischen Stars der Branche. Alber Elbaz schwärmte noch Jahre später von seinem Lehrer. 1997 wurde er von Guy Laroche nach Paris abgeworben, um dessen etwas angejahrte Kollektionen zu modernisieren. Doch es hielt ihn dort nicht lange, schon nach einem Jahr wechselte er zu Yves St. Laurent. Der Altmeister selbst hatte sein Talent erkannt und sah ihn als würdigen Nachfolger.
Doch es sollte schnell ganz anders kommen. Der Gucci-Konzern hatte YSL übernommen, und innerhalb kürzester Zeit feuerte Gucci-Chefdesigner Tom Ford den Israeli und installierte sich selbst an dessen Position. Elbaz suchte eine Alternative und fand sie bei Krizia in Italien. Dann folgte schnell der Ruf von Lanvin.

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