Die Budapester Beratergruppe Colabs bringt ungarische Jungunternehmer mit kapitalkräftigen Business Angels zusammen. Text und Fotos: Reinhard Engel
Der Besprechungssaal ist fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Etwa 80 junge Männer und Frauen folgen aufmerksam den Präsentationen, Cola- und Bierflaschen wie Pizzaecken am improvisierten Buffet müssen warten. Erst erzählt eine Londoner PR-Spezialistin, wie man als Jungunternehmer Kontakt zu den wichtigen internationalen Medien für Start-ups herstellt, heißen sie nun Wired oder TechCrunch. Dann wirbt eine tschechische Mitarbeiterin von Wayra, einer Technologieplattform des spanischen Telekom-Riesen Telefónica, für Anträge, in einem ihrer Gründerzentren am eigenen Produkt zu basteln. Wayra bietet Startkapital, Büroraum und Beratung – noch dazu an unterschiedlichsten Orten: in Prag oder Berlin, in Madrid, Boston oder im Silicon Valley.
Die zweite Büroetage, in der ein bunt bemalter Korridor zum dicht gedrängten Saal führt, wirkt wie ein Fremdkörper im nüchternen Bürohaus der Budapester Handelskammer am Fuße der Burg. Die Portierloge samt Personal verströmt noch den strengen Hauch früherer Zeiten, aber seit etwas mehr als einem Jahr tüftelt hier eine Reihe von Gründern an ihren unterschiedlichen Technologien und Geschäftsideen. Über dem Eingang zum Jungunternehmer-Trakt liest sich das Logo: Colabs.
„Wir haben 2009 ganz einfach begonnen“, erzählt Zsolt Bako, einer der Gründer. „Eigentlich war es nur ein Co-Working-Space, also eine Art Bürogemeinschaft für Gründer. Aber wir wollten mehr, nämlich die Verbindung zu Financiers herstellen.“ Bako hatte gerade sein Ökonomiestudium abgeschlossen, über Start-ups hatte er dort kaum etwas gelernt, aber was er zu dieser neuen Unternehmenskultur auf internationalen Websites gefunden hatte, ließ ihn nicht mehr los. Gemeinsam mit einigen Technikern und IT-Spezialisten entwickelte er einen Plan, neue kleine Firmen mit risikofreudigen Kapitalgebern zusammenzubringen. „Dieses Konzept der Business Angels war in Ungarn vor vier, fünf Jahren noch neu. Andererseits hatten wir ein paar große Vorbilder, die es aus Ungarn bereits zu internationaler Bedeutung geschafft hatten.“
Bako meint damit Prezi, erfolgreich mit Präsentationssoftware, Ustream für Live-Streaming, sowie LogMeIn mit Netzwerktechnik für Unternehmen. Alle drei haben trotz ungarischer Gründer längst Headquarter oder Tochterfirmen in den USA, sind mit internationalen Fonds finanziert, LogMeIn notiert an der New Yorker Technologiebörse Nasdaq.
Weltweit gibt es eine äußerst professionelle Branche von Risikokapitalgebern, so genannten Venture Capital Funds. Diese haben vor allem in den USA und in Israel kräftig zum Aufstieg neuer Technologieunternehmen beigetragen, und sie werden auch in Europa von England ausgehend immer aktiver. „In Ungarn hat es vor ein paar Jahren gerade einmal vier VC-Spezialisten gegeben“, erzählt Colabs-Gründer Bako. „Heute sind es bereits 20.“ Das Geld kommt nicht nur aus privaten Quellen, sondern auch aus EU-Fonds und vom ungarischen Staat.
Erste Markterfolge
Aber Venture-Kapitalgeber wollen sich nicht mit neu gegründeten Minifirmen herumschlagen, sie möchten bereits fertige Produkte oder erste Markterfolge sehen. Daher brauchen die ganz jungen Unternehmen Geld von Business Angels, die Gründern ohne schwarze Bilanzzahlen vertrauen, die auch einen Totalverlust wegstecken können, wenn es ein Flop wird. Und dabei geht es nicht um besonders hohe Summen.
„Colabs hat in den letzten Jahren von sieben Business Angels Geld für sechs Start-ups aufgetrieben, insgesamt etwa 500.000 Euro“, so Bako. Colabs kassiert von den Investoren eine Art Klubgebühr, und wenn ein Vertrag abgeschlossen wird, gibt es noch einmal eine Provision. Die Business Angels sind selbst erfolgreiche Unternehmer in unterschiedlichen Branchen, sie wollen einen Teil ihres Gewinns für Innovationen riskieren. Geht es gut, winkt eventuell ein hoher Ertrag, aber das Geld kann auch weg sein. „Die allermeisten Start-ups scheitern“, weiß der Colabs-Gründer. „Aber sie lernen dabei auch fürs nächste Mal.“